Das Wort „radieren“ ist heute fest in der deutschen Sprache verankert und aus der Schule nicht wegzudenken. Radierer gehören zur Grundausstattung von Grundschulkindern. Ursprünglich kommt es aber aus dem Lateinischen und hatte eine leicht andere Bedeutung.
Wir alle kennen das Radieren und die Radierer noch aus der Schule. Um einen Fehler zu korrigieren, waren die Gummistückchen hilfreich. Das funktionierte aber leider fast nur bei mit Bleistift Geschriebenem. Doch natürlich wurde auch schon radiert, bevor Gummi in Europa verbreitet war. Denn Fehler wurden auch früher schon gemacht.
„Radieren“ kommt vom lateinischen Wort radere, was „(aus-)kratzen, (aus-)schaben, glatt machen“ bedeutet. Das Wort „Rasur“ hat denselben Ursprung. Dort werden als überflüssig empfundene Haare abgeschabt und die Haut glatt gemacht.
Im Mittelalter schrieb man nicht auf Papier, sondern auf Pergament und man schrieb auch nicht mit Bleistift, sondern mit Tinte. Und Gummi war auch noch nicht bekannt. Wenn man in einem Text einen Fehler machte, musste man ihn entsprechend mit einem Radiermesser korrigieren, indem man vorsichtig die oberste Schicht abschabte oder auskratzte. Das erforderte schon ein wenig Fingerspitzengefühl, um keine Löcher in das Pergament zu kratzen. So besonders oft konnte man das auch nicht machen, weil irgendwann das Pergament instabil oder eben einfach weg war.
Dieses mittelalterliche Radieren machte man aber nicht nur bei Fehlern. Da Pergament als Beschreibstoff sehr teuer war, wurde es gelegentlich wiederverwendet. Man schabte dann den gesamten Text ab und beschrieb das Pergament anschließend neu. Ein solches Schriftstück, bei dem der ursprüngliche Text abgeschabt und durch einen neuen überschrieben wurde, nennt man Palimpsest. Manchmal hat man dabei Glück und das Radieren war nicht so gründlich, so dass man den ursprünglichen Text heute noch (halbwegs) lesen kann.
Die Gummistückchen am Ende eines Bleistifts haben mit dem brutal klingenden abschaben oder auskratzen also nicht mehr so viel zu tun. Sie sind irgendwie sanfter. Wer sich allerdings noch an diese zweifarbigen rot-blauen Radiergummis aus der Schule erinnert, wird vielleicht eine kleine Vorstellung vom ursprünglichen „Radieren“ haben, wenn man die blaue Seite verwendet.
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