dezimieren – Fremdwort der Woche

Heute verwenden wir das Verb „dezimieren“, um zu sagen, dass etwas weniger wird. Meistens geht es dabei um Gruppen von Personen, die kleiner werden. Z. B. „Durch ihr schnelles Eingreifen konnte die Fifa die Zahl der Kritiker dezimieren.“ Wir können ganz froh sein, dass das heute nur noch übertragen gemeint ist und wir das Wort nicht mehr so verwenden, wie es ursprünglich mal gemeint war.

Das Wort decimare gibt es schon im Lateinischen. In der Antike ist es der Ausdruck für eine Strafe beim Militär. In Ausnahmesituationen konnte die Dezimierung verhängt werden. Das betraf meistens eine oder mehrere Einheiten oder auch nur Teile davon. Ausgesprochen wurde sie in Situationen, in denen kein eindeutig Schuldiger festgemacht werden konnte. Wenn also z. B. eine ganze Legion den Gehorsam verweigerte oder sich in der Schlacht vor dem Feind feige verhalten hatte, z. B. geflohen war und damit andere in Gefahr gebracht hatte.

Dabei hat decimare etwas mit dem lateinischen Zahlwort decem, „zehn“, zu tun. Denn bei einer Dezimierung wurde jeder zehnte Soldat ausgelost und dann bestraft, meistens getötet. Das Ganze lief so ab, dass die betreffende Einheit antreten musste und man mithilfe von Favabohnen einen aus zehn ausloste. Favabohnen gibt es in weiß und braun. Man verteilte neun weiße Bohnen und eine braune. Wer bei dieser üblen Tombola die braune Bohne erwischte, musste die Strafe antreten.

Die ausgelosten Soldaten wurden dann meistens exekutiert, in der Regel von ihren Kameraden. Das sollte dafür sorgen, den Rest der Truppe wieder zum Gehorsam zu zwingen. Deswegen kam diese Strafe auch nur in Extremsituationen vor. Das konnte man aus naheliegenden Gründen nicht allzu oft machen.

Dezimierungen kamen besonders häufig während der Bürgerkriege vor. Caesar soll sie auf eine kleine Gruppe von 120 Anführern einer Meuterei angewendet haben oder Marcus Antonius bei zwei römischen Kohorten, die vor dem Feind geflohen waren. 1 In der Kaiserzeit kam es dann wieder seltener vor. Aber auch in der Spätantike, im Mittelalter und in der Neuzeit bis in den Ersten Weltkrieg hört man noch davon, dass diese Strafe beim Militär gelegentlich angewendet wurde.

Dezimieren ist also ursprünglich eine harte Militärstrafe. Heute verwenden wir den Begriff nur noch übertragen. Man wird eigentlich nur noch durch Fremde dezimiert und nicht mehr als Strafe durch die eigenen Vorgesetzten und es muss auch nicht genau jeder Zehnte sein. Es geht meistens nur noch darum, dass eine Gruppe kleiner wird. Das sieht man auch an Beispielen wie „Die Protestierenden dezimierten sich mit dieser Aktion selbst“. Sich selbst hätte in der Antike bestimmt niemand dezimiert.

  1. Plutarch, Antonius 39

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