Jubiläum – Fremdwort der Woche

Jahres- und Gedenktage, Jubiläen eben, feiern wir auch heute noch. In diesem Jahr hat zum Beispiel Loriot ein Jubiläum. Er ist vor 100 Jahren geboren worden. Und Wilhelm Röntgen hat auch ein Jubiläum. Er ist 2023 einhundert Jahre lang tot. Es handelt sich also um Jahrestage, bei denen etwas oft 25, 50 oder 100 Jahre lang her ist. Am bekanntesten sind sicher Firmenjubiläen, bei denen man dann einen Tag lang irgendwo sitzt, gut isst und sich betrinkt. Nett für einen Abend. Die besten Jubiläen feiert aber die katholische Kirche und vor ihr schon das Judentum. Die konnten Auswirkungen auf ein ganzen Leben haben.

Das Wort Jubiläum hat zwei sehr ähnlich klingende Ursprünge. Der eine ist das lateinische Wort iubilare, was „laut schreien, anschreien“ oder im christlichen Kontext meistens „sich laut freuen, frohlocken“ bedeutet. Es geht also auch dem Wortursprung nach darum, zu feiern und ein bisschen Party zu machen. 

Und dann kommt noch ein zweites Wort dazu, nämlich das hebräische Wort jobel (יוֹבֵל)für „Widder“. Das klingt etwas seltsam, hat aber einen kulturgeschichtlichen Hintergrund, der sich schnell erklären lässt. Aus den Hörnern von Widdern wurden im alten Israel Blasinstrumente hergestellt, die bei besonderen Anlässen und Festen zu hören waren. Auch hier geht es also ums Feiern.

Kombiniert wurden das lateinische und das hebräische Wort um 300 n. Chr. bei der Übersetzung der Bibel ins Lateinische. Denn dort brauchte man einen Begriff, der das im Alten Testament vorkommende „Jobel-jahr“ möglichst treffend wiedergab. Man kombinierte also das hebräische jobel mit dem lautlich passenden iubilare, das auch inhaltlich so halbwegs passte. Daraus wurde das iubilaeum. Dabei handelt es sich um eine relativ spezifische, kulturelle und religiöse Angelegenheit im alten Israel.

Das Jubeljahr in der Bibel

Denn alle 50 Jahre (nach sieben mal sieben Sabbatjahren) sollte es ein feierliches „Jobeljahr“ geben, das durch das Blasen der Instrumente aus Widderhörnern eingeleitet wurde.{1. Lev 25, 8-31] Das war im Grunde eine große Umverteilung und Bodenreform. Da die Israeliten das heilige Land als Geschenk Gottes betrachteten, gehörte ihnen das Land auch nicht wirklich. Es gehörte Gott. Wer also Land hatte und vererbte, war nicht der eigentliche Landbesitzer, sondern hatte dieses Land von Gott gepachtet. Alle fünfzig Jahre (und damit in etwa einmal pro Generation) sollte jeder, der sein von Gott gepachtetes Land hatte verkaufen müssen oder in Schuldsklaverei geraten war, die Chance haben, dieses Land zurückzuerhalten, seine Schulden zu tilgen oder wieder freizukommen. Diese Maßnahme sollte die Gleichheit aller Israeliten wieder herstellen und Armut in der Gesellschaft verhindern.

Historisch wurde dieses Gebot höchstwahrscheinlich nie durchgesetzt. Dass es im Christentum überhaupt ankam, hat damit zu tun, dass auch Jesus davon spricht, dieses „Jobeljahr“ durchzusetzen.1 Ihm geht es um die Gerechtigkeit für Mittel- und Machtlose.

Auf diese Überlieferung in der Tora und Bibel bezog sich auch die katholische Kirche, als sie 1300 das erste iubilaeum, ein Jubeljahr, ausrief. Pilger*innen, die nach Rom kamen und dort die Buße ablegten und die Eucharistie empfingen, wurden alle Sünden vergeben. Ganz nebenbei sorgte das auch für gute Umsätze durch Tourismus. Ein iubilaeum sollte von da an alle 100 Jahre stattfinden, fand dann aber zunächst alle 50 Jahre und gegenwärtig alle 25 Jahre statt. „Alle Jubeljahre“ ist also gar nicht so selten, wie man meinen könnte. 

Aus diesem kirchlichen Kontext kam das Jubiläum auch in weltliche Sphären. Auch heute noch sind es meistens die 25., 50. oder 100. Jahrestage, die mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht werden, aber abweichend davon auch 10., 20. oder 30. Nach einer etwas aus dem Ruder gelaufenen Jubiläumsfeier wäre die Vergebung der Sünden aber übrigens auch eine nette Sache.

  1. Lk 4,18ff.

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