Stagnieren – Fremdwort der Woche

Wenn wir sagen, dass etwas „stagniert“, ist das eigentlich immer negativ gemeint. Nötige Entwicklungen kommen nicht voran, Modernisierungen werden verschleppt, Innovationen verpasst. Aber kann Stagnation nicht auch etwas Positives sein? Gerade in den letzten Jahren, die ja mit sehr vielen Krisen verbunden waren, wünscht man sich das vielleicht manchmal. Aber auch davon abgesehen, hat „stagnieren“ ursprünglich eine eher idyllische Bedeutung. 

Eine idyllische Szenerie

Hinter dem Wort „stagnieren“ steckt im Kern das lateinische Wort stagnum, was so viel bedeutet wie „Teich“, also ein stillstehendes Gewässer. Und das ist ja zunächst mal eine idyllische Vorstellung. Man stelle sich vor: Ein schöner Sommertag, ein Spaziergang im Wald, ein schöner Teich, an dessen Ufer Frösche quaken und schillernde Libellen herumflattern. 

Auch das dazugehörige Verb stagnare existierte schon im klassischen Latein und bezeichnet das Stillstehen oder das Zum-Stehen-Kommen eines Gewässers. Interessanterweise wird es aber nur im Zusammenhang mit Gewässern verwendet, die eigentlich fließen sollten. Wenn ein Fluss zum Stehen kommt (aus welchen Gründen auch immer), dann findet sich das Verb stagnare

Was es in der Antike allerdings nicht gab, war die übertragene Bedeutung. Denn wir heute denken bei „stagnieren“ ja eigentlich überhaupt nicht an Gewässer. Oder zumindest sehr selten.  Insbesondere in der Politik wird das Wort oft verwendet, und gerade in der letzten Zeit vielleicht auch etwas öfter als sonst. Und es hat, wie schon gesagt, dabei eigentlich immer einen negativen Beigeschmack.

Kann Stagnation was Gutes sein?

Aber vielleicht sollte man sich auch mal auf ein paar Fälle besinnen, in denen Stagnation etwas Schönes sein kann oder schön wäre. Die Ausbreitung des Corona-Virus hätte zum Beispiel gern zwischendurch auch mal für längere Zeit stagnieren dürfen. Der Ukraine-Krieg bitte auch. (Also, nicht im Sinne eines Stellungskriegs, sondern im Sinne eines Waffenstillstands.)

Und davon mal abgesehen, findet man sicher auch im eigenen, privaten Umfeld positive Beispiele für eine Stagnation. Wenn man endlich nach dem Studium einen festen Job gefunden hat und man endlich durchatmen kann. Oder ganz im Gegenteil: Wenn man endlich mal eine Pause vom Job machen kann, weil man ein lang verdientes Sabbatjahr antritt. 

Vielleicht würde uns das allen in dieser doch ja relativ krisengeschüttelten Zeit mal gut tun: Durchatmen, Ruhe finden, auf sich selbst achten. Einfach mal ein bisschen Stagnation genießen. 

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