Tokophobie – Fremdwort der Woche

Zugegeben, vom Begriff „Tokophobie“ hatten wir noch nie etwas gehört, bis vor Kurzem im Magazin „jetzt“ darüber ein Artikel (externer Link) erschien. Tokophobie… Hm. Das ist so eins von diesen Fremdwörtern, die man als Gräzist problemlos entschlüsseln kann. Aber man zweifelt dann doch ein wenig und wird neugierig, was sich genau dahinter verbirgt. 

Na ja, grundsätzlich kann ein Mensch eine krankhafte Angst vor vielen Dingen, vielleicht sogar vor allem, entwickeln. Die Zahl der Phobien ist unüberschaubar, da sind die Klassiker: Arachnophobie – Die Angst vor Spinnen, Claustrophobie – Die Angst, in engen Räumen eingesperrt zu sein. Schreibt man aber im Deutschen wahrscheinlich mit „K“. Egal. Agoraphobie – Die Angst vor großen Plätzen mit Menschenansammlungen. 

Und dann gibt es die selteneren Phobien. Von vielen von ihnen haben die meisten noch nie etwas gehört. Anthophobie – die Angst vor Blumen. Taphophobie – Die Angst, lebendig begraben zu werden. Gerontophobie – die Angst vor alten Menschen. Ja, das gibt es tatsächlich. 

Ängste, Panik und Phobien

Manche Phobie ist für die meisten Menschen nachvollziehbar, bei anderen erntet man ein Stirnrunzeln oder sogar Schmunzeln, wenn man davon spricht.
Und doch darf man nicht vergessen, dass sich hinter jeder Phobie Schicksale verbergen. Menschen, die Panikattacken bekommen, wenn sie mit bestimmten Gegenständen oder auch nur Gedanken konfrontiert werden. Diese Menschen leiden. 

Die Übergänge sind natürlich fließend. Fast jede*r von uns hat eine Abneigung gegenüber Spinnen. Und viele ekeln sich und haben Angst, wenn das Tier, das eindeutig ein paar Beine zu viel besitzt, näherkommt. Da werden regelrechte Urängste geweckt.  

Eine ausgewachsene Phobie liegt aber erst dann vor, wenn ein hoher Leidensdruck in Form körperlicher Symptome vorliegt: Herzklopfen, Hitzewallungen, Atembeschwerden, Beklemmungsgefühle, das Gefühl des Kontrollverlusts, Todesangst, um nur einige Symptome einer Panikattacke zu nennen. Menschen, die eine Spinnenangst haben, sind in den meisten Fällen noch Herr*in der Lage und ihres Körpers. 

Das Gefühl, die Flucht ergreifen zu müssen

Doch was versteckt sich nun hinter der Tokophobie? Der Begriff an sich ist schnell erklärt. Er setzt sich aus τόκος (tókos) und φόβος (phóbos) zusammen, den griechischen Begriffen für „Geburt“ und „Furcht“. Genau genommen bedeutet „phóbos“ regelrecht „Panik“ und den unbedingten Drang zur Flucht. Im „ganz alten Altgriechisch“ (bei Homer) gibt es noch das dazugehörige Verb φέβομαι (phébomai), was so viel wie „panisch und Hals über Kopf flüchten“ bedeutet. Das passt. Auch eine Phobie geht mit einem Bedrohungsgefühl für Leib und Leben einher. Der Drang zur Flucht ist beinahe unkontrollierbar.

Die betroffenen Frauen leiden also unter der Angst vor einer Geburt und der dazugehörigen Schwangerschaft. Sie berichten von dem Gefühl, ein Alien wachse in ihrem Bauch heran und richte ihren Körper regelrecht zugrunde. Eine gruselige Vorstellung. In der Folge versuchen die Betroffenen bewusst oder unbewusst, eine Schwangerschaft mit allen Mitteln zu vermeiden. 

Immerhin ist die Tokophobie offenbar weiter verbreitet, als man vielleicht meinen könnte. Im genannten Artikel des „jetzt“-Magazins wird auf eine Studie verwiesen, die von 13% aller Frauen spricht, die davon betroffen sein könnten. 

Besser hätten die Kolleginnen und Kollegen der Süddeutschen Zeitung sich aber vielleicht nicht auf die Herleitung des Begriffs im Wikipedia-Artikel verlassen sollen. So was tut Altphilolog*innen im Herzen weh. Denn Tokophobie kommt nicht von griechisch „toko“. Ein solches Wort gibt es nicht. Es heißt „tókos“. Und es heißt auf Deutsch auch nicht „Schwangerschaft“, sondern „Geburt“. Aber wir wollen nicht mäkeln. Es ist gut, dass sie auch uns überhaupt erst auf dieses Thema aufmerksam gemacht haben. 

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