Asia saß auf einem Felsen und kämmte sorgsam ihre blauen Haare. Zwischendurch ließ sie ihren Blick über das tiefe Blau des Ozeans schweifen. Ob sie geahnt hat, dass eines Tages nach ihr ein ganzer Kontinent benannt würde?
Asien und Europa – eine enge Verbindung?
Und damit willkommen zurück zu unserer Spurensuche über geographische Urspungsbezeichnungen. Ich hatte es ja beim letzten Mal im Blogpost über den Namen „Europa“ schon mal kurz angedeutet: Beide Kontinente stehen offenbar nicht nur historisch schon seit ewigen Zeiten in einer bedeutsamen Wechselbeziehung.
Auch was ihre Namen angeht, scheint es einen Zusammenhang zu geben. Demnach geht „Europa“ vermutlich auf einen alten phönizischen Kern zurück („Abendland“), während „Asien“ als Gegenstück so viel wie „Morgenland“ hieß. Aber, um nun ein bisschen Verwirrung zu stiften: „Asien“ hat keinen phönizischen Ursprung. Das ist aber total egal. Warum? Wieso? Fangen wir erst mal vorne an.
Erst mal: Wir können nicht mit absoluter Sicherheit sagen, woher der Name „Asien“ kommt. Ebenso, wie es auch schon bei „Europa“ der Fall ist, können wir den Namen sicher nur bis zu den antiken Griech*innen zurückverfolgen.
War Asia eine Nymphe?
Und auch für diesen Namen bietet uns die Mythologie wieder ein paar Erklärungen. Demnach war „Asia“ eine Meeresgöttin oder -nymphe. Ihre genauen Abstammungsverhältnisse variieren je nach antikem Autor, aber in jedem Fall wurde nach ihr ein Kontinent benannt. Das können wir als historisch wahren Kern des Namens natürlich wieder einmal ausschließen.
Übrigens sei an der Stelle mal eine nicht ganz unwichtige Nebenbemerkung eingeschoben. Die antiken Griech*innen meinten mit „Asien“ ein ziemlich eng umgrenztes geographisches Gebiet, nämlich Kleinasien, also die heutige Westtürkei. Erst viel später, genau genommen seit Plinius dem Älteren (im ersten Jahrhundert nach Christus), wurde der Ausdruck weiter gefasst und auch der Rest des heutigen Nahen Ostens eingeschlossen. Aber da war dann auch Schluss. Das ist weit davon entfernt, was wir heute mit „Asien“ meinen.
Jedenfalls ist es da schon irgendwo naheliegend, auch in diesen Regionen, also dem Nahen Osten, nach dem Ursprung des Namens „Asien“ zu suchen. Fündig werden wir diesmal im Akkadischen. Und nee, Leute, ich spare es mir, an dieser Stelle zu umreißen, was das für eine Sprache ist. Das wird sowieso zu lang. Nehmen wir sie einfach mal als eine der alten, mesopotamischen Sprachen so hin.
Gibt’s da nicht was Akkadisches?
Im Akkadischen gibt es das Wort „assum“, was so viel wie „Sonnenaufgang“ oder „Morgen“ bedeutet. Demnach wären wir also bei der Bedeutung „Morgenland“ für „Asien“. Ob diese Herleitung so stimmt, können wir aber nicht abschließend beweisen. Sie passt dafür aber wie angegossen zur Annahme, dass „Europa“ auf einen phönizischen Ursprung zurückgeht und „Abendland“ heißt.
So. Aber was machen wir nun aus dem Problem, dass wir es einmal mit einem phönizischen und einmal mit einem akkadischen Wort zu tun haben? Ist es nicht arg konstruiert, hier ein Wortpaar zu bilden, das aus zwei ganz verschiedenen Sprachen stammt?
Ihr könnt es euch schon denken: Nein. Erst einmal sind Phönizisch und Akkadisch gar nicht so verschieden, sondern sogar eng verwandt. Es hat eher etwas mit der bruchstückhaften Überlieferungslage zu tun, dass wir das eine Wort nur aus dem Phönizischen kennen und das andere nur aus dem Akkadischen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es beide Wörter in ähnlicher Form auch in beiden Sprachen gab.
Und hinzu kommt noch: Der Nahe Osten als Kulturraum war in der Antike unglaublich durchlässig. Manchmal kann man sich fast wundern, dass wir die dortigen Völker und Sprachen der Antike überhaupt noch auseinanderhalten können. Ein ständiger kultureller und sprachlicher Austausch ist für diese Region mehr als gut belegt.
Ob sich die Menschen der damaligen Zeit jemals hätten vorstellen können, dass „Asien“ mal so riesig werden würde? Und irgendwie ist es auch eine Ironie der Geschichte, dass die meisten Menschen mit Adjektiven wie „asiatisch“ ganz andere Regionen verbinden. Beim Ausdruck „asiatische Küche“ denken jedenfalls die wenigsten an Falafel, Sucuk oder Gheime Bademjun.
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