perfide – Fremdwort der Woche

In „perfide“ steckt so ein nettes lateinisches Wort, nämlich fides, was so viel bedeutet wie „Treue“, „Zuverlässigkeit“, „Glaubwürdigkeit“ oder auch „Vertrauen“. Dass jemand, der perfide ist, das genaue Gegenteil ist, nämlich wortbrüchig, illoyal und falsch, scheint auf den ersten Blick der Bildeweise von Adjektiven im Lateinischen vollkommen zu widersprechen.

Ach ja, Adjektive steigern – in jeder Fremdsprache immer so ein Thema für sich. Irgendeine doofe Ausnahme, die man sich merken muss, gibt es immer. Bei Steigerungsformen werden die meisten jetzt an „groß – größer – am größten“ denken. Das ist richtig, aber man kann Adjektive auch noch anders steigern: groß – sehr groß, zum Beispiel. Oder groß – ziemlich groß. Oder groß – besonders groß. Ein besonders großes Objekt ist größer als ein großes Objekt. Sprachwissenschaftlich nennt man das Elativ. Den Begriff muss man sich jetzt nicht unbedingt merken. Intuitiv machen das die meisten Muttersprachler*innen nämlich sowieso richtig.

Wie man seine Adjektive aufmöbelt…

Im Lateinischen kann man ebenfalls einen Elativ bilden, also Adjektive nach dem Muster „groß – sehr groß“ steigern. Man kann dann zum Beispiel die Silbe per- (oder manchmal prae-) davor setzen. Magnus bedeutet „groß“, permagnus bedeutet „sehr groß“. Bonus bedeutet „gut“, perbonus bedeutet „sehr gut“. Fidus bedeutet „treu“ und perfidus – bedeutet „untreu“? Warum? Warum ist jemand, der perfidus ist, nicht „sehr loyal, sehr treu, sehr glaubwürdig“ oder was auch immer, sondern genau das Gegenteil? Auch hier scheint auf den ersten Blick eine unlogische Bildeweise vorzuliegen.

Das Ganze lässt sich aber klären. Denn das lateinische perfidus und damit letzten Endes auch das Deutsche „perfide“ gehen nicht auf einen Elativ von fidus („treu“ ) zurück. Sie stammen aus festen Wendungen wie per fidem fallere/decipi. Das wiederum bedeutet so viel wie „täuschen/getäuscht werden hinsichtlich der Loyalität“ bzw. auch einfach „hintergehen/hintergangen werden“. Das Täuschen und die Hinterlist liegen hier inhaltlich in den zugehörigen Verben fallere (täuschen) und decipi (getäuscht werden). Bei der Bildung des Adjektivs perfidus (täuschend bzw. untreu) kommen die Verben aber nicht mehr vor. Die Bedeutung trägt nur noch der Teil, der sich semantisch ursprünglich mal um die Treue und Loyalität drehte.

„Perfide“ selbst ist also ein perfides Wort. Es hintergeht arme Lateinschüler*innen, die sich wundern, warum es nicht „sehr loyal“, sondern „hinterhältig“ heißt.

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