System – Fremdwort der Woche

Systeme gibt es heute eine ganze Menge. Es gibt technische Systeme. Oder auch politische. Natürlich kennen wir alle aus dem Biounterricht auch noch die Systeme, die es in der Natur so gibt. Der Begriff ist also ziemlich vielseitig und kann in den unterschiedlichsten Zusammenhängen verwendet werden. 

Und das war auch schon in der Antike so. Und wenn man sich die Herkunft des Begriffs „System“ anschaut, könnte man zunächst enttäuscht sein. Bei vielen Begriffen, die wir im „Fremdwort der Woche“ behandeln, gibt es ja nun mal interessante Bedeutungsverschiebungen oder Entwicklungen zu beobachten, die ein Wort seit der Antike durchlaufen hat. In einigen Fällen bedeutet unser modernes Fremdwort sogar schon fast etwas völlig anderes als das, was es in der Antike im Lateinischen oder im Griechischen bedeutet hat. 

Das ist beim „System“ nicht der Fall. Hier warten keine großen Überraschungen auf uns. Aber trotzdem verrät uns sogar dieses recht einfach zu erklärende Fremdwort ein bisschen was über die Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. 

Das altgriechische Wort σύστημα (systema) bedeutet so viel wie „ein Ganzes, das aus mehreren Teilen besteht, die in einer gewissen Beziehung zueinander stehen“. Kein Wunder, dass es sich im Deutschen und auch in allen möglichen anderen europäischen Sprachen als Fremdwort durchgesetzt hat. 

Stellt euch mal vor, wie müssten heute von einem „politischen Ganzen, das das aus mehreren Teilen besteht, die in einer gewissen Beziehung zueinander standen“ sprechen, wenn wir über ein politisches System sprechen wollen. 

Diese sperrige Umschreibung trifft aber genau den Kern dessen, was „System“ bedeutet. Für diejenigen unter euch, die es etwas genauer wissen wollen: Darin stecken die beiden altgriechischen Bestandteile σὐν (syn) für „zusammen“ und ἵστημι (hístemi) für „stellen“ oder „setzen“. Wörtlich heißt σύστημα (systema) also „Zusammenstellung“: 

Der Begriff ist dabei sehr vielseitig anwendbar, denn was die einzelnen Teile genau sind, aus denen ein System besteht, kann ganz unterschiedlich sein: In einem politischen System sind es die verschiedenen Gewalten, Ämter, Institutionen. In einem natürlichen System sind es Pflanzen, Tiere und so weiter. 

Und auch die Beziehung zueinander ist variabel. In einem Ökosystem sind die einzelnen Teile teilweise voneinander abhängig und aufeinander bezogen. Es kann es aber auch schon mal vorkommen, dass seine Teile gegeneinander arbeiten oder voneinander unabhängig sind. Und trotzdem gibt es einen inneren Zusammenhang.

Deswegen ist das Wort „System“ so praktisch. Man kann es in vielen Kontexten verwenden. Und es ist ein hochgradig abstraktes Wort. Man kann ein System nicht anfassen. Es existiert nur in den Köpfen der Menschen, die sich damit beschäftigen. 

Und da kommen wir langsam zu einem interessanten Aspekt, denn dieses Wort taucht im Altgriechischen erst vergleichsweise spät auf. 

Homer und Hesiod, die beiden ältesten griechischen Dichter, kannten noch keine Systeme. Zumindest reden sie nicht davon, und das obwohl uns zumindest Hesiod eins der ersten Systeme der griechischen Literatur gebracht hat: das System der griechischen Göttinnen und Götter. 

Der Ausdruck „System“ taucht erst in späterer Zeit auf, bei den Philosophen Epikur, Platon und Aristoteles, aber auch bei Geschichtsschreibern wie Polybios. Und das passt. Ein Ausdruck wie „System“ wurde ja vor allem in dem Moment benötigt, als man versuchte, solche Dinge in Worte zu fassen wie „ein Ganzes, das aus mehreren Teilen besteht, die in einer gewissen Beziehung zueinander stehen“.

Damit waren die Systeme einmal in der Welt. Die Menschen hatten begonnen, größere Zusammenhänge und Wechselwirkungen zu begreifen, zu beschreiben und zu untersuchen. Und genau deswegen können wir uns heute vor lauter Systemen kaum noch retten. Immerhin können wir sie aber mit einem kurzen und knackigen Begriff bezeichnen. 

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