Dokument – Fremdwort der Woche

Dokumente gibt es in Papierform wie auch digital. Wir speichern öfter mal eins auf der Festplatte, und viele von uns bewahren wichtige Dokumente in einer Klarsichtfolie auf. Und dann gibt es da natürlich noch die „einzigartigen Zeitdokumente“, wie die zufälligen Aufnahmen von George Bush, als er gerade von den Anschlägen des 11. September erfuhr. 

Aber sind das alles wirklich Dokumente? Wenn man nach dem lateinischen Wortsinn geht, muss ich euch enttäuschen.

Gut, über die Szene mit George Bush kann man diskutieren. Das könnte schon ein Dokument sein, je nach Auslegung. Aber dazu kommen wir zum Schluss. Erst mal der Reihe nach. 

Unser Wort „Dokument“ kommt vom lateinischen Wort „documentum“. Und das hat eine spezielle Bedeutung. Es bedeutet nämlich so viel wie „Lehrstunde“ oder „Lehrstück“. Ja, tatsächlich. 

Für diejenigen unter euch, die Latein mal in der Schule hatten uns sich dunkel erinnern können: Darin steckt das Verb docere, was „lehren“ oder „unterrichten“ bedeutet. Ein doc-umentum ist wörtlich „ein Ding, mit dem man lehrt“, also ein „Lehrstück“. 

Ein solches Lehrstück kann natürlich vieles sein. Ein einfaches Unterrichtsgespräch kann schon ein Lehrstück sein. So kommt es, dass der Begriff schon in der Antike auch „Lehrstunde“ bedeuten konnte oder „Unterrichtseinheit“. 

Und natürlich kann auch ein geschriebener Text ein Hilfsmittel sein, um zu lehren und zu unterrichten. Das ist der Ursprung der modernen Übertragung auf Schriftstücke (oder heute Textdateien). Der Bezug zum Lernen und Lehren ist dabei aber völlig abhanden gekommen. 

Als Dokument bezeichnen wir heute also im Grunde alle möglichen Arten von Schriftstücken. Das können wichtige Schriftstücke sein, wie zum Beispiel das Abizeugnis. Das muss aber nicht unbedingt so sein. Allenfalls beim Einkaufszettel würden es dann doch die meisten von uns etwas schräg finden, wenn man den auch als „Dokument“ klassifizieren würde. 

Aber die ursprüngliche Bedeutung mit dem Lehrstück hat sich vor allem in den „Zeitdokumenten“ gehalten. Und da komme ich auf George Bush und sein erstarrtes Gesicht zurück, das zufällig von den Fernsehkameras eingefangen wurde. 

Sicher kann man da das eine oder andere finden, was einem diese Szene lehrt. Man kann aber sicher auch anderer Meinung sein, und den Begriff „Lehrstück“ an der Stelle für unpassend halten. Vielleicht sollte man es so beschreiben: Zeitdokumente lehren vielleicht nicht immer irgendetwas, sondern sie werfen so eine Art Schlaglicht auf ihre jeweilige Zeit oder Situation. 

Auch ein Schulzeugnis aus dem Kaiserreich kann so ein Zeitdokument sein. Oder Briefe, die von Menschen in der DDR an ihre Verwandtschaft im Westen geschrieben wurden. Ob man daraus etwas lernt, darüber kann man streiten. Und im einen Fall kann das vielleicht ergiebiger sein als im anderen. 

Was das Beispiel mit den Videoaufnahmen von George Bush zeigt, ist aber noch ein weiterer Aspekt: Es muss nicht unbedingt ein Schriftstück sein. Auch Fotos oder Filmaufnahmen können zu Zeitdokumenten werden. Und sogar Objekte, wie ein Bruchstück der Berliner Mauer. 

Und in der Hinsicht sind wir dann doch wieder etwas näher am lateinischen Ursprung, denn ein „documentum“ musste nicht zwangsläufig etwas Schriftliches sein. 

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