Parasit – Fremdwort der Woche

Parasiten sind eindeutig nichts, womit man gern Kontakt hat. Ob krasse Würmer, die sich in Gedärmen einnisten, oder Mücken – beliebt sind sie nie. Und dann gibt es ja auch noch die übertragene Bedeutung, denn auch Menschen bezeichnet man ja schon mal gelegentlich als Parasiten. Wobei – so wirklich übertragen ist der Begriff eigentlich gar nicht. Es ist sogar der Kern des Ganzen.

Der noch nicht-so eklige Absatz

Den Begriff „Parasit“ gab es schon in der Antike. Im Griechischen taucht er als παράσιτος (parásitos) auf und setzt sich aus zwei Teilen zusammen, nämlich παρά pará („bei“ oder „daneben“) und σῖτος sitos, was so viel bedeutet wie „Getreide“, aber auch allgemeiner „Speise“ oder „Essen“. Damit ist ein Parasit ein „Bei-Esser“ oder „einer, der mit-isst“. 

Im biologischen Sinne erklärt sich damit recht leicht, warum wir manche Lebewesen als Parasiten bezeichnen. Es handelt sich dabei im engeren Sinn um Tiere, im etwas weiteren Sinn aber auch Pilze oder Mikroorganismen, deren Lebensinhalt es ist, von anderen Lebewesen zu profitieren, ohne wirklich was dafür getan zu haben. Sie sind Schmarotzer. 

Zum Beispiel ernähren sie sich von Körperflüssigkeiten ihrer Wirte. Das sind die so genannten Exoparasiten. Die bleiben draußen. Sie stechen uns, saugen ein paar Tropfen Blut aus und sind dann wieder weg. Schlimm genug. 

Der eklige Absatz

Manche nutzen ihre Wirte aber auch als Lebensraum. Damit wären wir bei den Endoparasiten, und das ist wirklich abstoßend, widerlich und ethisch und moralisch aufs Schärfste zu verurteilen. Die bleiben nämlich nicht draußen, sondern nisten sich im fremden Organismus ein. Beim Menschen sind das in der Regel irgendwelche Würmer. Belassen wir es an dieser Stelle dabei. Keine Details. 

Wichtig dabei ist die Abgrenzung zur Symbiose, bei der ebenfalls zwei unterschiedliche Arten von Lebewesen eine enge Bindung eingehen, aber beide davon profitieren. Das ist zum Beispiel bei der menschlichen Darmflora der Fall. Da schwirren also Tausende Bakterien in unseren Bäuchen rum. Aber das ist ok. Wir haben nämlich auch was davon. Wenn sich aber ein Bandwurm einnistet, dann ist das nicht ok. Dann werden wir über kurz oder lang ziemlich krank und leiden an einer Endoparasitose

Der Absatz über die Antike

So weit, so gut. Das lässt sich alles gut nachvollziehen. Nur meinten die alten Griech*innen (und später auch die Römer*innen) mit einem Parasiten etwas ganz Anderes – keinen Wurm, kein Insekt und schon gar keinen Mikroorganismus. Sie meinten damit immer eine Person. Klingt fies, ist aber dann doch nicht ganz so schlimm, wie man denken könnte. Oder, sagen wir mal so: Die Bezeichnung wurde dann doch nur für recht spezielle Menschen verwendet. 

Die Antike war eine sehr gesellige Epoche. Also, vermutlich war sie auch nicht mehr und nicht weniger gesellig als andere Epochen, aber eine Sache wird (unter anderem) mit dem alten Griechenland und Rom oft assoziiert: Gelage. 

Und das ist auch nicht ganz falsch, liegt aber vielleicht weniger an der Epoche als vielmehr am Kulturraum. Es ist ja heute noch so, dass in den Mittelmeerländern das gesellige, gemeinsame Essen einen höheren Stellenwert einnimmt als hier bei uns kultur- und zivilisationslosen germanischen Barbaren. 

Wie dem auch sei: Zur Kultur der gern gemeinsam abgehaltenen Abendessen der antiken Mittelmeerkulturen gehörte es auch, einander wechselseitig dazu einzuladen. Jede*r war mal dran als Gastgeber. Bis auf die Parasiten. Die kamen zwar zu jeder Party und fraßen sich den Bauch voll, luden aber nie jemanden zu sich ein. 

Parasiten damals und heute

Das war natürlich jetzt kein besonders nettes Verhalten, das diese Parasiten da an den Tag legten. Aber es scheint immerhin so sehr gang und gang und gäbe gewesen zu sein, dass „der Parasit“ sogar zum festen Charakterrepertoire der antiken Komödie gehörte. In vielen Stücken gibt es so eine Figur, über die man sich gern lustig machte. 

Und wie machten die das? Also, wie schafften sie es, trotzdem immer wieder eingeladen zu werden? Nun, das ist wohl das ewige und gut gehütete Geheimnis aller Schmarotzer*innen, wie es sie heute ja auch noch gibt. Eine Erklärung liefert die antike Literatur aber dafür: Sie schleimten sich einfach ein. 

Der Gastgeber (das war ja in der Regel ein Mann) wurde so mit Komplimenten überhäuft, dass er einen Parasiten gern einlud, um sich bei der abendlichen Zusammenkunft Honig ums Maul schmieren zu lassen. In den Komödien machen Parasiten das oft auf eine sehr platte und leicht zu durchschauende Weise. In der Realität dürften sie aber wohl etwas subtiler und klüger vorgegangen sein. 

Und daran hat sich bis heute nichts geändert, denn wenn man mal genauer drüber nachdenkt: Kennt nicht jede*r von uns so eine Person, die es immer wieder schafft, sich (fast) ohne Gegenleistung überall einladen zu lassen, einfach weil sie so „nett“ ist? Ja, es gibt sie wohl auch heute noch, die Parasiten im antiken Sinne. Wenigstens machen sie uns nicht krank. Immerhin. 

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