Polizei – Fremdwort der Woche

Was „Polizist“ bedeutet, das lernen viele von uns schon in der Grundschule: Angeblich kommt das aus dem Griechischen und heißt „Mann in der Stadt“. Das ist Bullshit, und irgendwie nicht totzukriegen. Wir klären auf!

Was soll ein „Mann in der Stadt“ sein?

Was soll das überhaupt heißen, „Mann in der Stadt“? Das kann ja jedes männliche Wesen innerhalb der Stadtmauern sein. Es gäbe ja nun wirklich eine ganze Reihe bessere Kriterien, die sich dafür eignen würden, eine Person zu benennen, die die Staatsgewalt vertritt. 

Vermutlich geht die Erklärung als „Mann in der Stadt“ auf eine Person zurück, die irgendwann auch mal ein Griechisch-Wörterbuch aufgeschlagen hat. Da findet man (unter anderem natürlich) das Wort πόλις (pólis) – Stadt. Und ja, der Begriff „Polizei“ hat tatsächlich auch was damit zu tun. Aber man sollte schon ein bisschen weiterdenken oder weiterlesen. 

Der Begriff „Polizei“ stammt nämlich nicht direkt von πόλις (pólis), sondern von πολιτεία (politeía). Eine „Politeia“ ist die „Gemeinschaft einer Stadt“. Das heißt, alle Bürger einer Stadt bildeten eine solche πολιτεία (politeía). Ja, vollwertige Bürger waren übrigens in den meisten griechischen Städten tatsächlich nur Männer. Keine Frauen, Sklav*innen auch nicht und auch keine Zugezogenen. Demnach wären wir eigentlich alle Polizisten. Zumindest diejenigen unter uns mit einem Y-Chromosom. Aber so weit müsste man dann wohl doch mit der Zeit gehen, um auch nicht-männliche Personen heutzutage einzuschließen.

Stadtverwaltungen und ihre Beamten

Das Wort πολιτεία (politeía) konnte aber auch „Stadtverwaltung“ bedeuten. Für die antiken Griech*innen war eine „Stadt“ dabei lange Zeit gleichbedeutend mit „Staat“. So kommt es, dass πολιτεία auch „Staatsverwaltung“ oder „Staatswesen“ heißt. Damit waren dabei zunächst mal alle möglichen Beamten und Behörden gemeint, die halt so für die Verwaltung zuständig waren und das öffentliche Leben am Laufen hielten. 

Und in dieser Bedeutung wanderte das Wort ins Lateinische. Das Lateinische hat aber die Eigenheit, dass es regelmäßig aus einem griechischen -ei- ein langes -i- macht. So wurde aus der „politeia“ zuerst eine „politia“. Und wenn man das mal ausspricht, verspürt man den Drang, das -t- nicht mehr als -t- zu sprechen, sondern als -z-. 

Diesen Drang haben aber nicht nur wir heute. Den verspürten auch schon die Menschen der Spätantike. Diese sprachgeschichtliche Entwicklung nennt man Palatalisierung und sie betrifft sehr viele lateinische Wörter: Kontraktion (gesprochen: „Kontrakzion“), Lektion („Lekzion“), essentiell („essenziell“, wobei man das auch tatsächlich heute mit z schreiben kann). 

Palatala… was?

Auch Caesar wurde übrigens ein prominentes Opfer der Palatalisierung, denn wir sprechen ihn seit dem Mittelalter wie „Zäsar“. Da betrifft es dann das „C“ am Anfang. Es handelt sich aber um denselben Prozess. 

Aus der griechischen πολιτεία (politeía) wurde also eine lateinische „politia“, die im Mittelalter dann auch folgerichtig als „polizia“ geschrieben wurde. Und von da ist es nun nicht mehr weit zu unserem modernen Wort „Polizei“. 

Ab der Neuzeit fand außerdem eine Verengung des Begriffs statt. Während man im 15. Jahrhundert damit immer noch die allgemeine „Verwaltung“ einer Stadt oder eines Staates meinte, wurde der Begriff ab etwa 1800 zunehmend nur noch für die Personen verwendet, die die öffentliche Sicherheit gewährleisten sollen. 

Ein Polizist ist also ursprünglich ein Angehöriger des staatlichen Verwaltungsapparats. Und dabei ist es egal, ob er nun in der Stadt oder außerhalb der Stadt war. 

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