Zone – Fremdwort der Woche

In der Antike befand sich innerhalb einer Zone meistens genau eine Person. Denn die zone war ein weit verbreitetes Kleidungsstück im Alltag. Sie wurde von Männern wie von Frauen tagtäglich getragen und hatte eine wichtige modische Funktion. Bei der antiken zone (griech.) oder zona (lat.) handelt es sich nämlich um einen Gürtel. 

Wenn man sich die griechische und römische Männer- wie Frauenmode mit ihren langen Stoffbahnen so anschaut, dann kommt Gürteln dabei eine durchaus wichtige Rolle zu. Auch wie man die Stoffbahnen drapierte und von dem Gürtel zusammenhalten ließ, war für modebewusste Römer*innen und Griech*innen nicht unwichtig. Zonen fand man also in jeder Stadt tausendfach, in jedem Haushalt dutzendfach und an angezogenen Personen in der Regel mindestens einfach. Sie sorgten dafür, dass alles da blieb, wo es hingehörte und umschlossen ihre Träger*innen.

Dieses Umschließen ist es auch, das dafür sorgte, dass „Zone“ auch in einem übertragenen Sinn verwendet wurde. Und zwar von den antiken Geographen und Klimaforschern. Dass die Erde eine Kugel ist, war den Menschen der Antike übrigens bekannt. Der Wissenschaftler Eratosthenes von Kyrene hatte im 3. Jahrhundert v. Chr. sogar schon den Umfang der Erdkugel erstaunlich genau berechnet.1 In der gesamten Antike war man der Ansicht, dass sich die verschiedenen Klimata auf der Erde in Breitengürtel teilen ließen. Diese verschiedenen Klimagebiete lagen wie Gürtel um die Erdkugel. Daher nannte man sie auch gleich Gürtel bzw. Zonen.

Was antike Mode mit Klimawissenschaft zu tun hat

Die fünf Klimazonen der Erde in einer Handschrift des Somnium Scipionis
Die fünf Klimazonen der Erde in einer Handschrift des Somnium Scipionis (Ende 4./Anfang 5. Jahrhundert)

Diese antike Vorstellung, dass überall auf der Erde auf demselben Breitengrad auch dasselbe Klima herrsche, war auch in den Wissenschaften der folgenden Jahrhunderte sehr einflussreich. Im europäischen Mittelalter wurde sie vor allem von islamischen Gelehrten vielfach aufgegriffen. In Europa seltener, da die antiken Wissenschaftler auf Griechisch geschrieben hatten, das zu diesem Zeitpunkt in Westeuropa nicht mehr gesprochen wurde. Wenn man die Texte der antiken, griechisch-sprachigen Philosophen und Wissenschaftler lesen wollte, musste man mit der lateinischen Übersetzung der arabischen Übersetzung des griechischen Originals vorlieb nehmen – und die musste es auch erstmal geben.

Mit der Renaissance verbesserten sich aber auch die Griechisch-Kenntnisse im westlichen Europa wieder und viele Texte wurden ins Lateinische übersetzt und auch in Europa wieder diskutiert und rezipiert. 

Die Theorie von den Klimazonen, die wie Gürtel um die Erde lägen, blieb also jahrhundertelang ähnlich. In der Antike war man zunächst von fünf Klimazonen ausgegangen: Einer sehr heißen, unbewohnbaren Zone am Äquator, zwei gemäßigten, bewohnbaren Zonen nördlich und südlich davon und zwei sehr kalten, wieder unbewohnbaren Zonen jeweils wieder nördlich und südlich davon bis zu den Polen.

Strittig war lediglich die Anzahl der Zonen, wobei bereits in der Antike und bei den meisten arabischen Philosophen später von sieben Klimazonen ausgegangen wurde, bei einigen sogar von noch mehr. Auffällig ist dabei, dass der Wohnort des Verfassers eigentlich immer in der gemäßigten Klimazone lag. Das hatte nicht nur etwas damit zu tun, was man subjektiv als „gemäßigt“ empfand, sondern auch noch mit einer anderen Vorstellung, die mit der antiken Klimatheorie verknüpft war: Das Klima beeinflusse den Körperbau und vor allem auch den Charakter der Menschen, die in der jeweiligen Zone lebten. 

Die goldene Mitte

So seien laut dieser Theorie die Menschen im kalten Norden (und im Süden, dessen Bewohner*innen den Menschen der Antike aber unbekannt waren), wo im Winter Schnee fällt, zwar kräftig und mutig, aber auch kunstlos und dumm – Wilde eben. Die Menschen in den äquatornahen Zonen seien intelligent und kunstfertig, dafür aber träge und antriebslos. Die Menschen in den mittleren, gemäßigten Zonen seien die Mischung aus beidem und hätten damit den besten Charakter. Deshalb wohnten die Verfasser dieser Schriften zufällig stets in den gemäßigten Zonen, so dass diese mal in Griechenland, mal in Nordafrika und mal im heutigen Usbekistan lag.

Wem diese Theorie gerade nicht völlig unbekannt vorkam, der hat die letzten Reste kolonialer Stereotype in der heutigen Zeit entdeckt. Denn die Einteilung der Welt in Klimazonen und ihre Wirkung auf den Menschen blieb eine wirkmächtige Theorie. Die geographischen Kenntnisse der Europäer*innen verbesserten sich über die Jahrhunderte, Grenzen von Klimazonen konnten neu eingeteilt oder verfeinert werden. Aber die Vorstellung blieb, dass Menschen entlang des Äquators, allen voran Afrikaner*innen, faul und träge seien, und dass das am Klima liege und sich nicht ändern lasse.

Dass es sich dabei nicht um eine wissenschaftlich fundierte Erkenntnis handelt, sollte man eigentlich nicht noch einmal erwähnen müssen. Wir tun es aber sicherheitshalber trotzdem. Aber auch losgelöst vom Klima hat sich das Wort „Zone“ bis in die Gegenwart erhalten. Denn die Klimazonen waren ja schließlich auch riesige Gebiete. Und in dieser Bedeutung „Gebiet“ verwenden wir das Wort heute auch für nicht-gürtelartige Regionen und unabhängig vom Klima. Die ehemalige DDR, im Westen Deutschlands wohl lange die berühmteste Zone, lag schließlich weder einmal gürtelartig um die Erde noch hatte sie ein eigenes Klima – auch wenn dort ein anderer Wind wehte.

  1. Weniger bekannt ist, ob es in der Antike auch noch ernsthafte Flat-Earthler gab, also Leute, die von einer Erde als Scheibe ausgingen. Aber das ist ein anderes Thema.

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