Zensur – Fremdwort der Woche

Zensur hat in demokratischen Staaten keinen guten Ruf. Sie gilt als Mittel der Mächtigen, um Berichterstattung im eigenen Sinn zu beeinflussen oder gar unliebsame Meinungen komplett zu unterdrücken. 

In Deutschland ist die vorherige Kontrolle von Veröffentlichungen durch den Staat sogar durch das Grundgesetz verboten. Im alten Rom dagegen gab es die Zensur schon. Sie war sogar so offiziell vorgesehen, dass seit dem 5. Jahrhundert vor Christus in regelmäßigen Abständen zwei Leute bestimmt wurden, die die Zensur durchführen sollten, die sogenannten Zensoren.

Zensur – eine lästige Aufgabe

Deren wichtigste Aufgabe war die Volkszählung, der Zensus. Dabei wurde aber nicht nur die Anzahl der Bürger erhoben, sondern auch ihr Vermögen geschätzt. Generell war diese Aufgabe, wie man sich vorstellen kann, eher unbeliebt. Wer hatte schon Lust alle Bürger zu erfassen, ihr ungefähres Vermögen nachzurechnen und die Leute in die entsprechenden Wahlbezirke einzuteilen?

Doch es ging nicht nur um eine Einteilung der Wahlbezirke, sondern auch um eine Einteilung in Wahlklassen. Denn nicht jede Stimme in der römischen Republik hatte den gleichen Einfluss auf den Ausgang einer öffentlichen Abstimmung. So waren die Stimmen von Senatoren insgesamt einflussreicher, da alle Senatoren zu einer Wahlklasse zusammengefasst wurden. Diese waren aber insgesamt viel weniger Menschen als die Masse der einfachen Bürger. Eine einzelne Stimme in dieser Wahlklasse war also viel weniger wert als eine Stimme in der Senatorenklasse, in der sich nur 300 Bürger (später ein paar mehr) befanden.

Lästig, aber einflussreich

Und über die Einteilung in die Wahlklassen entschieden eben die Zensoren. Dafür war zum einen das Vermögen ausschlaggebend – deshalb wurde es auch überhaupt erfasst. Wer zum Beispiel in den Ritterstand aufgenommen werden wollte, musste sich im Kriegsfall ein Pferd leisten können. Und der Kriegsfall war in Rom quasi ständig. Aber nicht nur das. Denn zum anderen hatten die Zensoren auch die „Sittenaufsicht“ (regimen morum) im Staat. Hinter diesem furchtbar antiquierten Wort verbirgt sich die Vorstellung, dass das Bürgerrecht zumindest teilweise an einen moralischen Lebenswandel geknüpft ist. Oder anders: Wer sich nicht benimmt, hat weniger Einfluss im Staat. Denn die Zensoren hatten das Recht, Leute für moralische Verfehlungen in eine niedrigere Wahlklasse einzuordnen – oder im schlimmsten Fall ganz aus dem Ritter- oder Senatorenstand auszuschließen.

Mit der Zensur ging also großer politischer Einfluss einher und das machte sie dann doch wieder attraktiv. Dieser große Einfluss auf Politik und Öffentlichkeit blieb auch in der Kaiserzeit und sogar nach dem Untergang des Römischen Reichs bestehen, als die „Sittlichkeit“ weiterhin ein Kriterium blieb. Dabei ging es nun nicht mehr in erster Linie um die Person, sondern um veröffentlichte Schriften. (Dass eine Person, die „unsittliche“ Schriften in Umlauf brachte, natürlich auch selbst als „unsittlich“ angesehen wurde, versteht sich von selbst.)

Religiöse und politische Zensur

Mit dem Übergang zum Christentum ging es dabei vor allem um Schriften, die nicht als konform mit den Lehren der Kirche galten. Die Bischöfe und hohen christlichen Würdenträger sahen es als ihre Aufgabe an, ihre Anhängerinnen und Anhänger vor solchen häretischen Lehren zu schützen und ihre Verbreitung zu verbieten. Und auch weltliche Mächtige in Europa ließen Schriften zensieren, um einem „Verfall der Sitten“ zuvorzukommen.

Und auch in späterer Zeit ließen und lassen noch immer Staaten Meinungen zensieren, die sie aus verschiedenen Gründen für unsittlich halten. Das ist zumindest oft die offizielle Begründung, wenn Meinungen vom Weltbild des Staates abweichen und deshalb nicht publiziert werden dürfen. 

Im antiken Rom hat es ein Verbot oder eine vorherige Prüfung von Schriften durch den Staat dagegen nie gegeben. Das ist insofern erstaunlich, als dass wir davon ausgehen können, dass die meisten Römerinnen und Römer – im Gegensatz zu den Menschen in vielen anderen antiken Staaten – lesen konnten. Man sollte deswegen allerdings nicht glauben, dass in Rom Meinungsfreiheit geherrscht hätte. Gerade in der Kaiserzeit konnten Menschen wegen Majestätsbeleidigung sogar hingerichtet werden. Das war vielleicht das wirksamere Mittel, um die öffentliche Meinung zu kontrollieren.

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