Wir sprechen noch heute davon, dass etwas eins a ist, wenn wir seine Qualität schätzen. Das sieht auf den ersten Blick gar nicht nach Latein aus, kommt aber aus der Sprache der Römer. Allerdings aus einer Zeit, in der Latein nicht mehr die Sprache der Römer war.
In meinem Geschichtsstudium bin ich das ein oder andere Mal mit Originalquellen aneinandergeraten. Diese hatten mehrere Nachteile – oder sagen wir mal Herausforderungen – die gedruckte Reproduktionen nicht haben. 1. Sie sind meistens auf Latein. 2. Es sind sehr oft handschriftliche Texte. Und wer mal versucht hat, Onkel Werners Geburtstagskarte zu entziffern, der weiß, wie schwierig und nervig das sein kann. Und 3. Abkürzungen. Gerade in lateinischen Texten vor der Einführung des Papiers in Europa wird unglaublich viel abgekürzt, weil Pergament teuer ist und Platz gespart werden muss. Außerdem spart es natürlich auch Zeit. Da man davon ausgehen kann, dass die Leute, die die entsprechenden Texte lesen, sehr gebildet sind und fließend Latein können, ist das Textverständnis trotz der vielen Abkürzungen offenbar kein großes Problem gewesen.
Bei modernen Geschichtsstudenten im dritten Semester sieht das anders aus. Da sind solche Abkürzungen sehr oft ein gewaltiges Lesehemmnis. Erst müht man sich damit ab, die einzelnen Buchstaben zu entziffern und dann stellt man fest, dass das Ganze auch noch eine Abkürzung für irgendein lateinisches Wort ist – nur für welches?
Verwirrung durch spätmittelalterliche Abkürzungen
Auf so eine spätmittelalterliche Abkürzung geht auch die Herkunft des Ausdrucks „etwas ist eins a“ bzw. „1a“ zurück. Gebräuchlich ist diese Abkürzung natürlich erst, seitdem sich seit dem Spätmittelalter immer mehr die arabischen Ziffern auch in Europa durchsetzten. Denn „1a“ ist nichts anderes als die abgekürzte Schreibweise für das lateinische Wort prima. Und prima bedeutet „(die) erste“. Es liegt also sehr nahe, das Wort mit einer „1“ abzukürzen. Das –a dahinter schreibt man zusätzlich, da es sich bei prima um ein Adjektiv handelt, das im Lateinischen wie auch im Deutschen dekliniert werden kann: erster, erste, erstes bzw. primus, prima, primum. Die Endung ist also veränderlich. Damit man sofort weiß, ob in dem abgekürzten Text „primum“ oder „prima“ steht, schreibt man das –a hinter der 1 dazu. „1a“ kürzt also zunächst einmal nur das lateinische Wort prima ab, was „erste“ bedeutet. Zum Beispiel heißt prima luce auf Deutsch „beim ersten Licht“, also „bei Sonnenaufgang“.
Wenn wir heute jemanden dafür loben, dass er etwas prima gemacht hat, kommt dort allerdings noch ein anderer, nämlich qualitativer Aspekt durch. Denn die entsprechenden Person ist meistens nicht diejenige, die eine Sache als Erste gemacht hat (also prima im wörtlichen Sinne), sondern sie hat etwas besonders gut gemacht.
Dies geht auf die mittelalterliche Kaufmannssprache zurück. Denn auch im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit teilte man Waren schon in unterschiedliche Handelsklassen ein. Und ähnlich wie heute nahm man damals auch Zahlen: Handelsklasse 1, Handelsklasse 2 usw. Damals verwendete man noch lateinische Bezeichnungen und die lateinische Handelsklasse hieß ganz einfach qualitas. Eine Ware war also qualitas prima, also von erster, d. h. bester Qualität. Das konnte man auf Rechnungen, in der Buchführung oder in Angeboten mit „1a“ abkürzen. Natürlich war Latein auch im Spätmittelalter schon eine Sprache der Eliten. Die allermeisten Menschen sprachen kein Latein. Und wenn sie irgendwo „1a“ lasen, war ihnen zwar klar, dass das gute Qualität bedeutete, sie sprachen es aber eben meistens nicht „prima“, sondern „eins a“ aus.
Wenn etwas „eins a“ ist, ist es also tatsächlich im ganz wörtlichen Sinne „prima“. Wir hoffen, ihr fandet diesen Artikel auch prima oder 1a und wir freuen uns auf weitere spannende Themen in den nächsten Wochen.
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