Enthusiasmus – Fremdwort der Woche

Wer sich bei einer Sache richtig reinhängt, sich engagiert, Begeisterung empfindet und weiterverbreitet, ist enthusiastisch. Fußball-Enthusiast*innen gibt es sicher einige. Wenn man mal die ursprüngliche Bedeutung anlegt, war der einzige Fußball-Enthusiast aber vermutlich Diego Maradona.  

Das Wort stammt allerdings schon aus der Antike. éntheos (ἔνθεος) bzw. zusammengezogen énthus (ἔνθους) bedeutet wörtlich „Gott in sich habend“. Eine Person, die enthusiastisch ist, hat also (einen) Gott in sich. Das kann positiv gemeint sein („göttliche Begeisterung“), aber auch negativ („Besessenheit“). Manchmal ist es auch relativ neutral. Die Pythia, die im Orakel von Delphi ihre Vorhersagen trifft, ist zum Beispiel enthusiastisch, da der Gott Apollon von ihr Besitz ergreift. 

Auch andere antike Kultgemeinschaften versuchten mit einem Gott in Kontakt zu kommen. Einige frühchristliche Gemeinschaften ließen es dabei relativ ruhig angehen und versuchten durch Meditation und Askese dahin zu kommen, dass der Heilige Geist in ihnen wirkte. Noch früher gab es allerdings zum Beispiel die Gemeinschaften um den Gott Dionysos, die eher mit Trance und Ekstase versuchten, von ihrem Gott beseelt zu werden. Das war nicht immer schön. Gerüchteweise sollen von ihrem Gott eingenommene Anhängerinnen des Dionysoskultes Opfertiere lebendig zerrissen haben. Und auch Orpheus ist im Mythos dasselbe passiert. Er wurde von allzu enthusiastischen Dionysosanhängerinnen zerrissen.

So oder so ging es beim antiken Enthusiasmus auch um eine starke Gefühlsregung, die man kaum verbergen konnte. Menschen sind durch die Vereinnahmung durch einen Gott im wahrsten Sinne des Wortes begeistert. Den religiösen Aspekt hat das Wort erst im 18. Jahrhundert verloren. Trotzdem bezeichnen wir Menschen, die hart und leidenschaftlich versuchen, eine Idealvorstellung zu erreichen, immer noch als Enthusiast*innen. Sie sind in einer Sache überdurchschnittlich engagiert. Das traf meistens auch schon auf die Enthusiast*innen der Antike zu. Was sie erlebten, ging aber meistens noch darüber hinaus.

Diego Maradona, der nach seinem per Handspiel erzielten Treffer behauptete, es sei die „Hand Gottes“ gewesen, die dort gewirkt hätte, war vielleicht auch gerade in dem Moment kurz von einem Gott besessen. Wer weiß das schon. Ein Fußball-Enthusiast eben.

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