polemisch – Fremdwort der Woche

Polemik hat einen schlechten Ruf. Vor allem in politischen Talkshows oder Debatten hört man das vielleicht manchmal: „Das ist aber jetzt sehr polemisch, was Sie da sagen.“ Aber was bedeutet dieser Begriff überhaupt? Im Kern kann Polemik auch manchmal ganz nützlich sein. Aber man sollte aufpassen, was man da tut.

Im privaten Umfeld hört man solche Sätze eher selten, also so was wie „Das ist jetzt aber ganz schön polemisch, was du da sagst.“ Aber auch im privaten Umfeld kommt Polemik gar nicht mal so selten vor. 

„Du bist so dermaßen unselbständig, ich weiß gar nicht, wie du dein bisheriges Leben überhaupt allein auf die Kette gekriegt hast.“ – Das wäre schon eine ziemlich polemische Aussage. Sie ist (vermutlich) stark übertrieben und sie provoziert. Man kann sich vorstellen, dass die andere Person ziemlich schnell in eine Abwehrhaltung geht und es zu einem heftigen Streit kommt. Eine polemische Aussage ist nämlich auch oft eine Art Frontalangriff. 

Woher der Ausdruck stammt

Und da sind wir auch schon beim Kontext, aus dem der Begriff stammt, nämlich dem militärischen. Das Wort „polemisch“ stammt vom altgriechischen πόλεμος (pólemos), was so viel wie „Krieg“ bedeutet. „Polemisch“ heißt wörtlich also „kriegerisch“. 

In den seltensten Fällen fällt eine polemische Äußerung oder ein polemischer Kommentar aber in einem echten Krieg. Der Begriff ist natürlich übertragen gemeint. Die Äußerung ist „kämpferisch“, eben weil sie so scharf ist und provoziert. 

Für polemische Äußerungen gibt es natürlich eine ganze Reihe von Gründen. Wut wäre einer. Wir alle kennen das: Wenn man so richtig in Rage ist, dann fallen schon mal häufiger unbedachte, verallgemeinernde Äußerungen, die das Gegenüber (weiter) provozieren. 

Aber man kann Polemik auch absichtlich einsetzen, um den eigenen Standpunkt sehr klar deutlich werden zu lassen. Und da kommt man ziemlich schnell in den Bereich der Politik oder allgemein öffentlicher Debatten. 

Polemik in der Politik

So was wie das Kürzel „ACAB“ („All Cops Are Bastards“) wäre ein sehr gutes Beispiel für einen polemischen Slogan. Ich behaupte an der Stelle mal: Nur wenige Menschen, die diesen Slogan verwenden oder gutheißen, meinen hier wirklich ausnahmslos alle Polizistinnen und Polizisten. 

Sie übertreiben, verallgemeinern und würdigen eine ganze Berufsgruppe herab, weil sie (ihrer Meinung nach) auf sehr weit verbreitete Missstände innerhalb der Gruppe hinweisen wollen. Und dafür nutzen sie das Mittel der Polemik, um zu provozieren und Diskussionen und Debatten anzustoßen.

Aber natürlich gibt es Polemik auch aus anderen politischen Richtungen. Als Alice Weidel vor einigen Jahren im Bundestag von „Messermännern“ sprach, nutzte sie ebenfalls das Mittel der Polemik, hier mit einer ethnischen Verallgemeinerung. Auch dies war eine wohlkalkulierte Provokation. 

Warum Polemik problematisch werden kann

An diesen beiden Beispielen kann man auch schon sehr gut die Schattenseiten der Polemik erkennen. Verallgemeinerungen sind immer gefährlich, vor allem, wenn Gruppen dadurch systematisch angegriffen oder herabgewürdigt werden. 

Aber auch im privaten Bereich („Du bist so dermaßen unselbständig!“) sind polemische Verallgemeinerungen in den meisten Fällen unfair und können tiefe Verletzungen hinterlassen. 

Es gibt aber noch ein weiteres Problem mit der Polemik: Provokation kann hilfreich sein, um die eigene Position klar erkennbar zu machen und intensive Debatten anzustoßen. Sie kann aber auch bewirken, dass die Gegenseite „dichtmacht“ und eben keine weitere Diskussion zustandekommt. Dann hätte die Polemik eins ihrer Hauptziele verfehlt. 

Und das ist ein Punkt, über den wir viel zu selten nachdenken. Vor allem in öffentlichen oder in politischen Debatten sollte die Polemik gezielt und vor allem abgewogen eingesetzt werden. Pauschale Abwertungen von Menschengruppen sollten sich sowieso verbieten. 

Aber auch wenn es um Verallgemeinerungen geht, die keine Gruppen angreifen oder verletzen, sollte Polemik mit Bedacht eingesetzt werden. Wenn sie Debatten verhindert anstatt sie zu ermöglichen, dann hat sie wenig Sinn. Man hat zwar seinem Ärger Luft gemacht, aber bringen wird es am Ende kaum was. Und dafür sind öffentliche Debatten zu schade.

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