extravagant – Fremdwort der Woche

Wer von euch schaut noch „RuPaul’s Drag Race“ und suchtet jede neue Staffel durch? Ein Begriff taucht da immer wieder auf und hat in der Drag- und Ballroomkultur eine ganz besondere Bedeutung: „extravanza“. Keine Drag Queen, die etwas auf sich hält, würde darauf verzichten. Und auch im Alltag ist ein kleiner Schuss „Extravaganz“ vielleicht nicht unbedingt immer das Verkehrteste. 

Genau genommen müsste man ergänzen, dass „extravaganza“ bei RuPaul praktisch nie alleine vorkommt. Sie wird immer gepaart mit „eleganza“. Die muss man als Drag Queen natürlich auch mit auf den Laufsteg bringen, so dass „eleganza extravaganza“ ein festes Begriffspaar bilden. Das muss aber reichen zur sprachlichen Analyse eines popkulturellen Phänomens. Kommen wir zum eigentlichen Fremdwort der Woche. 

Category is: Latin. Daher stammt das Wort „extravagant“ und gelangte durch die Vermittlung des Französischen in die deutsche Sprache. Es besteht aus den beiden Teilen extra, was so viel wie „außerhalb“ bedeutet, und vagari, was so viel wie „gehen“, „umherstreifen“ oder auch „sich aufhalten“ bedeutet. Jemand, der extravagant ist, ist also eine Person, die sich „außerhalb aufhält“ oder „außerhalb umherstreift“. 

Das ist natürlich nicht wörtlich zu verstehen. Wenn ich raus in den Garten gehe, dann bin ich noch lange nicht extravagant, obwohl ich mich draußen aufhalte. Wenn ich dabei nackt herumtanze und nur mit einer Federboa bekleidet bin, dann könnte man das durchaus extravagant nennen. Dann bewege ich mich nämlich außerhalb konventioneller Verhaltensmuster. Allerdings kämen die meisten Leute bei einem solchen Verhalten noch auf ganz andere Bezeichnungen. 

Jedenfalls bezieht sich der Ausdruck „extravagant“ darauf: Er bezeichnet Dinge, die etwas außerhalb des Konventionellen liegen. Aber auch bitte nicht zu weit außerhalb. Um noch mal auf das Ding mit dem nackten Tanz im Garten zurückzukommen: Das wär dann vielleicht doch schon wieder ein bisschen zu weit außerhalb. Man würde sich ernsthaft um meine mentale Gesundheit sorgen. 

Aber diese Beurteilung liegt natürlich im Auge des Betrachters und ist durchaus subjektiv. Hinzu kommt aber noch, dass sich der Begriff „extravagant“ meist auf Dinge bezieht: Kleidung, Schmuck, aber auch Frisuren, Möbel und die Inneneinrichtung. Alles diese Sachen können extravagant sein, also außerhalb des Konventionellen liegen. Was auch immer „konventionell“ genau heißt. 

Extravaganz hat aber auch den Beigeschmack des Teuren. Das ist naheliegend: Möchte ich extravagante Möbel haben, die sonst niemand hat, dann werde ich wohl tief in die Tasche greifen und Designerstücke erwerben müssen. Gleiches gilt für Kleidung. 

Je nach herrschendem Zeitgeist kann Extravaganz damit auch eher positiv oder eher negativ gesehen werden. Im Spätmittelalter galt extravagante Kleidung durchaus als etwas Positives Insgesamt betrachtet kamen extravagante Personen aber zu vielen Zeiten eher nicht so gut weg. Man rümpfte über sie gern die Nase. Das gilt für die (frühe) Neuzeit ebenso wie die Antike, obwohl man den Ausdruck damals noch gar nicht kannte. 

Dass die New Yorker Ballroomkultur der 1980er-Jahre den Begriff positiv zu besetzen versuchte, war also durchaus auch als Provokation zu verstehen. Ob das gelungen ist, darüber kann man streiten. Auf jeden Fall wissen wir heute (auch) dank RuPaul, was „extravaganza“ wirklich bedeutet. Es ist nämlich mehr als nur teure Kostüme, es ist eine Lebensphilosophie. 

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