Letzte Woche bat mich meine Cousine um ein Konsil. Und das, obwohl ich kein Arzt bin. Ich sollte ihr aber nicht dabei helfen, ein Röntgenbild zu interpretieren oder ein EKG zu befunden. Es ging nur um die Frage, ob sie sich ein iPad mini kaufen soll oder lieber ein großes. Wenn ihr euch jetzt wundert: Wenn man nach dem reinen Wortsinn geht, dann gehören Konsile nicht nur die die Welt von Grey’s Anatomy.
Wie alltagstauglich ist das Wort „Konsil“?
Erst mal vorweg: Natürlich gehört der Ausdruck „Konsil“ in die Medizin. Und da kann er auch bleiben. Nachdem ihr diesen Blogbeitrag gelesen habt, könnt ihr natürlich gern selbstbewusst in die Welt hinausziehen und eure Mitmenschen verwirren, indem ihr dauernd davon sprecht, dass ihr eure Mutter oder euren besten Freund wegen eines Konsils treffen müsst. Könnte gelegentlich ganz erheiternd werden.
Aber damit werdet ihr wohl kaum erreichen, das Wort als ganz normalen „Alltagsausdruck“ zu etablieren. Er gehört eben zu den Fachbegriffen, die es nun mal in so ziemlich jedem Berufsfeld gibt. Aber im Kern bedeutet er erstmal nichts Besonderes.
Hinter dem Wort Konsil verbirgt sich das lateinische Wort consilium. Und das bedeutet „Rat“, „Ratschlag“. oder auch „Beratung“. Und in der Medizin ist damit gemeint, dass ein Arzt oder eine Ärztin ein*e andere um Hilfe bittet, wenn er*sie sich bei einer Diagnose oder einem Behandlungsverfahren unsicher ist.
Kooperative Mediziner*innen
Den klassischen Fall, in dem ein solches Konsil angefordert wird, kennen alle aufmerksamen Fans von Krankenhausserien. Das ist das Konsil durch einen Facharzt oder eine Fachärztin. Da wird eine Person mit Verletzungen eingeliefert und von einem Allgemeinchirurgen behandelt. Um aber wirklich ein detailliertes Bild der Lage zu erhalten, zieht der Allgemeinchirurg auch eine Kardiologin hinzu.
Sie soll eventuelle Auffälligkeiten der Herzfunktionen mithilfe ihrer Expertise einschätzen. Und das nennt man dann ein Konsil – in dem Fall ein „kardiologisches Konsil“. Es gibt natürlich auch alle möglichen anderen Arten von Konsilen, je nach Fachgebiet des*der hinzugezogenen Mediziner*in, z. B. gynäkologische, onkologische oder neurologische Konsile.
Man sieht also: Auch die Medizin kocht nur mit Wasser. Man könnte also auch einfach sagen, da bittet die eine die andere Person um fachliche Hilfe. Oder um einen Rat. Warum drücken die das dann immer so kompliziert aus? Halten die sich für was Besseres, wenn sie Begriffe benutzen, die kein Normalo versteht? Muss das wirklich sein?
Sinn und Unsinn von Fachbegriffen
Antwort: Ja. Oder beziehungsweise: Joa. Das hat schon alles seine Gründe Und das liegt daran, dass ein*e Mediziner*in sofort weiß, was von ihm*ihr verlangt wird, wenn jemand um ein Konsil bittet. Natürlich könnte man auch von „Hilfe“ oder „Rat“ sprechen. Aber diese Begriffe sind viel schwammiger als ein prägnanter, knapper Fachbegriff. Solche Spezialbegriffe machen das Leben einfacher.
Insofern wäre es dann vielleicht doch nicht so angebracht, von einem Konsil zu sprechen, wenn die Frage im Raum steht, ob man die Wohnzimmerwand blau oder grün streichen soll. Da möchte jemand einen Rat und keine fachlich abgewogene und sorgfältig überlegte Einschätzung hören, die sich auch noch an klaren Regeln und Indikationen orientiert. Ein einfaches „Blau fänd ich echt zu dunkel.“ tut’s auch.
Ach ja, meiner Cousine konnte ich übrigens kein Konsil geben. Woher soll ich verdammt noch mal wissen, welches iPad sie sich kaufen soll? Das muss sie sich schon selber überlegen. Wäre ich Kardiologe und wäre es um ein EKG gegangen, wäre ich mit der Einstellung aber wohl hochkant rausgeflogen.
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