Äquator – Fremdwort der Woche

Diese Sache mit dem Äquator ist eigentlich ganz einfach: Das ist die imaginäre Linie, die die Erde (oder andere Planeten) in zwei gleiche Hälften teilt. Und wenn man sich so ein bisschen mit Latein auskennt, kann man sich den Begriff auch relativ leicht herleiten. Oder? Ganz so einfach ist es dann doch nicht. 

Zunächst mal: Hinter dem Begriff „Äquator“ steckt das lateinische Adjektiv aequus, was so viel wie „gleich“ bedeutet. Insofern ist „Äquator“ nicht schwer herzuleiten: Das Wort bedeutet „Gleichmacher“. 

Und mit einem Blick auf den Globus sieht man vermeintlich auch sofort, was hier „gleichgemacht“ wird, nämlich die beiden Hälften der Erde, die obere und die untere. Der Äquator ist damit auch gleichzeitig der „nullte“ Breitengrad, oder besser ausgedrückt: der Nullpunkt aller Breitengrade. Alle anderen Breitengrade nach Norden und Süden werden aufsteigend gezählt. 

Da ist es aber etwas erstaunlich, dass es den Begriff „Äquator“ in der Antike noch gar nicht gab. Er entstand erst im Mittelalter. Dass die Erde kugelförmig war, das war aber den Menschen der Antike durchaus schon bekannt. Dem Wissenschaftler Eratosthenes von Kyrene gelang es sogar, den Umfang dieser Kugel einigermaßen korrekt zu berechnen. 

Ein bisschen Werbung in eigener Sache: Über Eratosthenes haben wir vor kurzem übrigens ein eigenes Video auf unserem YouTube-Kanal veröffentlicht.

Aber wie bezeichnete er denn die Linie, die in der Mitte dieser Kugel verläuft? In der Antike waren dafür Umschreibungen nötig, weil es noch keinen kurzen und prägnanten Begriff gab, zum Beispiel ὁ ἰσημερινὸς κύκλος (ho isemerinós kyklos) – „der Kreis der Taggleiche“. Im Lateinischen nutzte mal häufig den Ausdruck „circulus aequinoctialis“ – „der Kreis der „Nachtgleiche“. Was ist das nun schon wieder?

Einmal Tag, einmal Nacht? Und alles irgendwie gleich? Es wird etwas klarer, wenn man beide Begriffe mit „Kreis der Tag- und Nachtgleiche“ übersetzt. Auch wenn das Griechische und das Lateinische jeweils einen dieser beiden Teile weglassen, ist nämlich genau das damit gemeint. 

Der Äquator ist die Linie auf der Erdkugel, an der Tag und Nacht immer (so gut wie) gleich lang sind. Oder etwas genauer: Der Zeitraum, in dem es hell ist, ist genauso lang wie der Zeitraum, in dem es dunkel ist. 

Der Äquator steht einigermaßen rechtwinklig zur Sonneneinstrahlung. Und das hat zur Folge, dass es dort zum einen keine Jahreszeiten gibt und dass Tage und Nächte immer ungefähr gleich lang sind. Es gibt also keine Schwankungen, weder in einem 24-Stunden-Zeitraum, noch über ein gesamtes Jahr. 

Man muss vielleicht ergänzend dazu sagen: Im Großen und Ganzen gibt es keine Schwankungen. Denn selbstverständlich kann es geographische Faktoren in einer konkreten Region geben, die dann doch dafür sorgen, dass es Veränderungen im Jahresverlauf geben kann. 

Jedenfalls war dieses Phänomen bereits den Forschern in der Antike bekannt, und entsprechend benannten sie es auch. Der mittelalterliche Begriff „Äquator“ ist nur die verkürzte Form des lateinischen Ausdrucks „circulus aequinoctialis“. 

Und das wiederum bedeutet: Der Äquator teilt nicht einfach die Erde in zwei gleiche Hälften, sondern es ist der Punkt, an dem Tag und Nacht gleich lang sind. Wie gesagt, ganz so einfach ist die Erklärung dann doch nicht. 

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