Eine Diktatur ist für uns heute gleichbedeutend mit einer Gewalt- oder Schreckensherrschaft. Ein Diktator ist blutrünstig, verfolgt Andersdenkende und setzt seinen Willen unumschränkt durch.
Das war aber nicht immer so. Der Begriff „Diktatur“ bezeichnete ursprünglich ein ganz offizielles Amt in der römischen Republik. Und mit einer Schreckensherrschaft hatte das wenig zu tun. Na ja, zumindest meistens.
Das Wort „Diktatur“ stammt vom Lateinischen dictatura, und damit war, wie schon gesagt, ein offizielles Amt in der römischen Republik gemeint.
Ein Amt in der römischen Republik…
Dazu muss man ein wenig ausholen. An der Spitze dieser Republik standen zwei Konsuln als oberste Regierungsbeamte. Sie genossen zwar eine gewisse „Beinfreiheit“, wie man das in der Politik gern nennt, aber sie waren keine unumschränkten Herrscher, sondern mussten sich an geltendes Recht halten und wurden vor allem gewählt, mussten sich also für ihre Tätigkeiten rechtfertigen.
Befand sich Rom jedoch in einer existentiellen Krise (in der Regel eine kriegerische Bedrohung von Außen), dann konnte ein Diktator ernannt werden. In der Regel war das einer der beiden Konsuln, der dann offiziell mit einer unumschränkten (vor allem militärischen) Macht ausgestattet wurde, um die Krise abzuwenden. Das Amt war auf maximal sechs Monate begrenzt. Danach hatte ein Diktator seine Macht wieder abzugeben.
… und wie es in der Antike oft gesehen wurde
Das funktionierte auch tatsächlich in den meisten Fällen. Einer der bekanntesten und vorbildlichsten Diktatoren war vielleicht Cincinnatus, obwohl seine Geschichte vermutlich ins Reich der Legenden gehört.
In der Antike wurde die römische Verfassung von vielen Philosophen, die sich mit Staatstheorie befassten, als vorbildlich betrachtet, weil sie mehrere Herrschaftsformen vereinigte. Sie war durchaus in einigen Punkten demokratisch.
Aber sie besaß mit dem Amt des Diktators auch ein monarchisches Element. So konnte die Republik, nach Meinung der Staatstheoretiker, zügig und schnell auf bedrohliche Lagen reagieren, ohne dass dafür erst langwierige Verhandlungen und Entscheidungsprozesse nötig waren.
Warum Diktaturen trotzdem sehr gefährlich sind
Nun könnte man ja auf die Gedanken kommen, dass so was wie in Rom, also eine zeitlich begrenzte Diktatur, auch heute eine gute Idee wäre. Immerhin gäbe es da ja schließlich so ein paar Sachen, die dringend mal geregelt werden müssten und bei denen man vielleicht mal jemanden bräuchte, der „durchregiert“.
Be careful what you wish for, sollte man da sagen. Denn zwei Dinge muss man sich klarmachen.
Zum einen: Der römische Staat ist in keiner Weise mit einem modernen Staatsgebilde zu vergleichen. Den meisten Menschen in der Antike konnte es (zumindest in vielen Fällen) herzlich egal sein, was irgendwo „da oben“ entschieden wurde. Der Staat war im Alltagsleben der Menschen viel weniger präsent als das heute der Fall ist.
Anders formuliert: Wir sind heute an viel mehr Stellen auf den Staat und seine Leistungen angewiesen, und der Staat hat wesentlich mehr Zugriffspunkte auf uns und unser Leben als in den vormodernen Epochen.
Der Staat kontrolliert alle Möglichkeiten, sich auszuweisen. Er gibt durch Gesetze vor, wie unser Arbeitsleben aussieht. Der Staat stellt die Gesundheitsversorgung sicher, er stellt ein Bildungssystem bereit und vor allem: Er verfolgt Vergehen und Verbrechen. Das alles gab es in der Antike nicht, oder zumindest nicht in dem Ausmaß.
Entscheidungen, die also „ganz oben“ getroffen werden, haben heute viel gravierende Auswirkungen auf uns alle. Autoritäre Regierungen sind in einem modernen Staat bei weitem gefährlicher als in der Vormoderne, weil sie viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten haben (um es positiv zu formulieren).
Die Probleme der römischen Republik
Und zum anderen: Das Prinzip der Diktatur mag in Rom einige Male funktioniert haben. Am Ende wurde es dann aber doch zu einem Instrument, um Machtansprüche durchzusetzen. Fast das gesamte erste Jahrhundert vor Christus zeigt, wie die römische Republik in Schieflage geriet und am Ende unterging. Sie wurde durch die Alleinherrschaft des Augustus ersetzt.
Zusammengefasst könnte man sagen: Nein, eine Diktatur ist viel zu riskant. Die Gefahr des Machtmissbrauchs ist groß. Und vor allem: In einer Zeit und einer Gesellschaft, in der der Staat auf so viele Aspekte des Lebens seiner Bevölkerung Einfluss nehmen kann, sind wir auf demokratische Lösungsfindungen und Kompromisse angewiesen. Auch wenn es oft mühsam und langwierig sein kann.

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