Autopsien kennen wir meistens aus der Gerichtsmedizin, wenn irgendwelche Leichen aufgeschnitten werden, um die Todesursache zu klären. Der Typ, der den Begriff Autopsie zuerst im wissenschaftlichen Sinn verwendete, war allerdings Geograph und Historiker. Und um Leichen ging es dabei nicht.
Herodot hat eine ziemlich bekannte Abhandlung über den Ursprung und die Ursache der Perserkriege im 5. Jahrhundert v. Chr. geschrieben. Darin geht es auch um die verschiedenen Völker, die im Perserreich lebten. Das waren durchaus einige, denn das Perserreich erstreckte sich von der Türkei über Ägypten bis nach Indien.
Über all diese Völker, die in dem Riesenreich lebten, berichtet Herodot, von ihren Bräuchen und Traditionen, ihren Staatswesen und ihren Religionen.
Wenn ein Geisteswissenschaftler eine Autopsie macht
Zu einem besonderen Qualitätsmerkmal seiner Forschung erhebt er dabei die Autopsie. Und das bedeutet nicht, dass Herodot an Leichen rumgeschnippelt hätte. Ihm ging es vielmehr darum darzulegen, woher seine Quellen stammen und etwas zu unterscheiden, ob er etwas vom Hörensagen her wusste oder es selbst mit eigenen Augen gesehen hatte.
Das nämlich ist die Grundbedeutung des Wortes „Autopsie“, dass man etwas selbst gesehen hat. Es setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern autós (αὐτός) „selbst“ und dem wirklich doofen griechischen Verb horáo (ὁραω) „sehen“, von dem aus bestimmt guten sprachwissenschaftlichen Gründen manche Formen mit dem Stamm op- (ὄπ-) gebildet werden („Optik“ z. B. geht auf diesen Stamm zurück.) Es ist wirklich ein Verb, das keinen Spaß macht.
Wie dem auch sei, ist eine „Autopsie“ also erst einmal eine Methode, die man verwendet, um durch eigene Anschauung zu einer Erkenntnis zu kommen. Dabei kann es natürlich auch um die Todesursache einer Person gehen. Dass sich die Bedeutung des Wortes allerdings darauf verengt hat, ist erst im 19. Jahrhundert geschehen. Vorher musste man kein*e Gerichtsmediziner*in sein, um bei einer wissenschaftlichen Untersuchung eine „Autopsie“ durchzuführen.
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