romantisch – Fremdwort der Woche

Wir von „Einfach Antike“ mögen rote Rosen, Abendessen bei Kerzenschein und lange Spaziergänge am Strand. Trotzdem sind wir durch und durch unromantisch. Tut uns leid.

Dass uns das leid tut, war gelogen. Wir haben uns ja bewusst dafür entschieden. Heute gehen wir aber mal der Frage auf den Grund, wie es dazu gekommen ist, dass wir mit „romantisch“ heute eher Kuscheln vor dem Kaminfeuer verbinden als das, was der Begriff ursprünglich mal bedeutete, nämlich „Literatur in einer romanischen Sprache“.

Auch lange nach dem Untergang des römischen Reichs war es in Europa noch üblich, dass auf Latein geschrieben wurde, das heißt in der lingua Latina. Die ältesten schriftlichen Belege für die deutsche Sprache stammen zum Beispiel erst aus dem 8. Jahrhundert, obwohl die wenigsten Menschen in den ehemaligen germanischen Provinzen des römischen Reichs Latein sprachen, sondern eben eine frühe Form von Deutsch. Wer Latein konnte, gehörte zur Bildungselite dieser Zeit und war in der Regel ein Geistlicher, seltener eine Geistliche oder adelig. 

Das galt nicht nur für die ehemaligen germanischen Provinzen, sondern auch im Rest von Westeuropa: im ehemaligen Gallien, Hispanien und in Italien. Bildungsrelevante Texte wurden immer noch auf Latein verfasst. Das waren oft theologische Texte, später auch wissenschaftliche. Und das ging noch ziemlich lange so. Die Briefe, die Kolumbus über seine „Entdeckung“ der Neuen Welt geschrieben hat, sind zum Beispiel auf Latein. 

Daneben entwickelte sich aber auch Literatur, die nicht ganz so ernst, anspruchsvoll und trocken war. Und diese wurde eben nicht in der lingua Latina, also auf Latein, verfasst, sondern in der lingua Romana, das heißt in den romanischen Sprachen, die die ganz normalen Menschen in Hispanien, Gallien und Italien eben so sprachen. Ursprünglich geht es bei romana, woher das Wort „romantisch“ kommt, also um Literatur in der Landessprache, in diesem Fall in der romanischen Landessprache.

Die holde Maid

Die Literatur, die in der Landessprache geschrieben wurde, war im Mittelalter zunächst zu einem großen Teil höfische Dichtung, das heißt Ritter, die über die Schönheit und den Liebreiz ihrer Angebeteten schrieben und sangen, um sie für sich zu gewinnen. So langsam versteht man wahrscheinlich, was das mit „romantisch“ auf sich hat.

Eine Wendung müssen wir aber noch nehmen. bevor wir endgültig erklärt haben, wie das Wort ins Deutsche kam. Im 17. und 18. Jahrhundert gab es eine Gegenbewegung zur Klassik. Die Klassik orientierte sich an der Antike, auch in der Literatur. Teilweise wurde zu diesem Zeitpunkt auch übrigens immer noch auf Latein geschrieben. 

Das gefiel aber nicht allen und längst nicht alle waren Fan von dem, was Dichter wie Goethe so fabrizierten. Es entstand eine Gegenbewegung: die Romantik. Die berief sich nun ausdrücklich nicht auf die Antike, sondern auf die Themen und Inhalte höfischer Dichtung im Mittelalter und Barock. Und die war, wie oben schon geklärt, eben romana bzw. eingedeutscht „romanisch“ oder „romantisch“. Eine populäre Form dieser Strömung ist übrigens der Roman. Aber auch inhaltlich ging es hier eben mehr um die Sagenwelt des Mittelalters, um fantastische, mystische, abenteuerliche, emotionale, sentimentale und herzergreifende Handlungen mit oft in sich gekehrten Protagonist*innen. Das ist so charakteristisch für diese Epoche, dass sich später daraus eine Bedeutungsverschiebung des Begriffes „romantisch“ hin zu „verträumt“ oder eben „mit Liebe erfüllt“ vollzog.

Wir können also als Fazit festhalten, dass es sehr passend ist, dass viele Menschen die französische oder italienische Sprache als besonders romantisch empfinden. Und wir von „Einfach Antike“ sind eben eigentlich eher der klassischen Literaturströmung und der lingua Latina verpflichtet. Wir sind also unromantisch, aber das ist okay.

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