digital – Fremdwort der Woche

Digitalisierung ist in aller Munde. Da niemand um das Thema herumkommt, wollen auch wir uns damit auseinandersetzen und erklären, woher das Fremdwort digital überhaupt kommt. Denn der Begriff, der heute so viel mit Einsen und Nullen zu tun hat, kommt aus einer Zeit, in der man die Null in Europa noch gar nicht kannte. Und hat genau mit diesem Nichtvorhandensein eines Zeichens für das Nichts auch am Rande etwas zu tun.

Doch der Ursprung des Wortes liegt noch weiter zurück. Denn dem lateinischen Wort digitus begegnet man auch in der Antike schon durchaus häufig. Es bedeutet nämlich schlicht „Finger“ und taucht dementsprechend oft in Texten aller Art auf. Sehr viel später, nämlich erst in der Neuzeit, hat man von diesem Substantiv das ebenfalls lateinische Adjektiv digitalis gebildet. Wenn man das im Deutschen nachmachen will, käme man zu Adjektiven wie „fingrig“ oder „fingerlich“, die aber in dieser Form in der deutschen Sprache keine Verwendung haben. Sehr holprig ist die Konstruktion „den Finger betreffend“ als Wiedergabe. Am ehesten wird man wohl mit der vorangestellten Vorsilbe „Finger-“ im Deutschen weiterkommen.

Wer schon mal Grundschulkinder beobachtet hat, kann sich auch in etwa denken, wie man von „Finger“ zu irgendwas mit Zahlen kommt. Es geht ums Rechnen. In Europa waren noch bis zum Anfang des 16. Jahrhunderts römische Zahlen in Gebrauch. Mit römischen Zahlen auf einem antiken Rechenbrett zu rechnen, ist für uns heute mindestens gewöhnungsbedürftig. Es ist relativ schwierig, weil es sich nicht um ein Dezimalsystem handelt und Zahlen nicht einfach, z. B. beim Addieren untereinander geschrieben werden können. Hinzu kommt das Fehlen einer 0, die im Dezimalsystem als Platzhalter für das Nichts dient. Rechnen mit römischen Zahlen war also schwieriger und dauerte länger. Auch Erwachsene nahmen dabei öfters die Finger zu Hilfe. So bekam das Wort digitus neben „Finger“ schließlich noch die zweite Bedeutung „Ziffer“. In dieser Bedeutung ist es auch heute noch als digit im Englischen anzutreffen.

Aus dem Englischen kam das Wort im 20. Jahrhundert schließlich auch ins Deutsche. Dort wurde digital zuerst in der Elektrotechnik und Informatik verwendet und meint elektrische Signale, die sich in Ziffern umsetzen lassen, im binären System in Nullen und Einsen.

Der Weg zur abstrakten Bedeutung „in Ziffern darstellbar“ von der sehr konkreten Bezeichnung für ein Körperteil war also relativ weit.

Das häufig als Gegenstück zu digital verwendete Fremdwort analog leitet sich übrigens nicht von einem Körperteil ab, auch wenn man das auf den ersten Blick vermuten könnte.

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