Habt ihr euch eigentlich auch schon mal gefragt, warum die Krankheit „Krebs“ genauso heißt, wie das Tier? Meistens denkt man sich in so einem Fall: Das ist garantiert ein ganz blöder Zufall. Aber das ist diesmal nicht so. Trotzdem ist der Zusammenhang etwas nebulös.
Dass es sich nicht um einen sprachlichen Zufall handeln kann, dass Krankheit und Tier denselben Namen haben, legt schon ein Blick in diverse Fremdsprachen nahe. Auch auf Englisch kann „cancer“ sowohl für die Krankheit stehen als auch für das Tier – allerdings nur indirekt, nämlich wenn das Sternzeichen gemeint ist.
Das englische Wort „cancer“ wiederum geht auf das Lateinische „cancer“ zurück. Und auch hier wieder: beide Bedeutungen. Gleiches gilt auch für das altgriechische καρκίνος (karkínos).
Das alles legt nahe, dass es sich im Deutschen nicht einfach um zwei ursprünglich völlig unterschiedliche Wörter handelt, die aus irgendeinem merkwürdigen Grund heute genau gleich geschrieben und gesprochen werden. In anderen Sprachen finden wir diese Doppeldeutigkeit ebenfalls.
Und damit auch gleich ein Disclaimer: Eigentlich ist „Krebs“ gar kein Fremdwort. Was hier offensichtlich fremd ist, ist die Tatsache, wie das Wort verwendet wird, nämlich gleichermaßen für das Tier und die Gruppe von Krankheiten, die wir als „Krebs“ kennen. Insofern haben wir hier im „Fremdwort der Woche“ genau genommen wieder mal ein bisschen geschummelt. Aber immerhin landen wir bei unserer Spurensuche so oder so in der Antike. Insofern ist es schon berechtigt, das Wort in diesem Format aufzugreifen.
Dass wir mit dem altgriechischen Wort καρκίνος (karkínos) schon eine doppeldeutige Bezeichnung von Tier und Krankheit vorliegen haben, zeigt, dass diese Verbindung schon sehr alt sein muss. Eine gute Quelle, wenn man sich über die Medizin des Altertums informieren möchte, ist der griechische Arzt Hippokrates. Der lebte von etwa 460 bis 370 v. Chr. und ist sicherlich der berühmteste Arzt des Altertums. Sein „hippokratischer Eid“ hat noch heute in der Medizin ein besonderes Standing.
Obwohl viele der medizinischen Erkenntnisse, die unter dem Namen des Hippokrates überliefert sind, modernen Ansprüchen längst nicht mehr genügen – eine sehr grundsätzlich Leistung muss man Hippokrates wohl zugestehen: Er scheint der erste (oder zumindest einer der ersten) gewesen zu sein, der die Heilkunde von ihren religiösen Wurzeln löste und sich ihr systematisch und unter Zuhilfenahme naturwissenschaftlicher Methoden annahm. Aus diesem Grund wird er manchmal als „Vater der modernen Medizin“ bezeichnet, auch wenn er schon fast zweieinhalb Jahrtausende tot ist.
Das war jetzt eine etwas längere Überleitung zum Urheber des Ausdrucks „Krebs“ – wobei man dazusagen muss: Ob Hippokrates wirklich der „Erfinder“ dieser Bezeichnung für die gleichnamige Krankheit ist, wissen wir nicht. Er ist aber der erste, der diesen Begriff erwähnt. Aber wie ist er auf diese merkwürdige Idee gekommen?
Eine Erklärung dazu liefert erst der Arzt Galen, der im zweiten Jahrhundert nach Christus lebte. Er beschrieb Geschwüre in der Brust, die äußerlich einem Krebs ähnelten, da aus ihren Seiten Blutgefäße hervortraten, die wie die Beinchen eines Krebses aussahen.
Unplausibel klingt das nicht. Es wäre durchaus denkbar, dass die Übertragung des Wortes so stattgefunden hat. Allerdings bedeutet das auch, dass die Bezeichnung „Krebs“ damit ursprünglich nur für Geschwüre verwendet wurde, die eben dieses Aussehen hatten. Heute wissen wir, dass Krebs leider sehr vielfältige Formen annehmen kann. Und leider haben wir auch zweieinhalb Tausend Jahre später noch kein Allheilmittel dagegen gefunden.
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