Aprikose – Fremdwort der Woche

Die Aprikose hat eine weite Reise hinter sich. Sie stammte ursprünglich aus China, Indien oder Armenien, war aber spätestens seit dem 1. Jahrhundert nach Christus in Europa bekannt und wurde angebaut. Dort bekam sie auch ihren lateinischen Namen, der dann seinerseits erst einmal durch diverse Regionen und Sprachen wanderte, bis er ins Deutsche kam.

Ähnlich wie der Pfirsich stammt die Aprikose also aus dem fernen Osten. So genau war das den Römern aber nicht bekannt, als sie die Früchte erstmals bei sich auf den Märkten vorfanden. Sie wussten nur, dass beide über Persien zu ihnen kamen. Der Pfirsich hieß daher malum Persicum („persischer Apfel“) und die Aprikose als Sonderform davon Persicum praecoquum („frühreifer Pfirsich“). Das Persicum musste nicht zwangsläufig dazu erwähnt werden. Und wenn wir uns das A am Wortanfang von „Aprikose“ mal wegdenken, dann haben der Rest des Wortes und der lateinische Ursprung praecoquum doch noch gewisse Ähnlichkeiten. Zu dem A kommen wir gleich nochmal. Denn das Wort war über viele Stationen und durch viele Sprachen unterwegs, bis es im Deutschen ankam: Latein – Griechisch – Arabisch – Spanisch – Französisch und Niederländisch.

Einmal um die halbe Welt

Zunächst wurde aus praecoquum im späteren Latein praecoca. Die Frucht war aber nicht nur in Italien beliebt, sondern auch im Rest des Mittelmeerraums. Und weil sie für die Antike erst relativ spät, nämlich erst im 1. Jahrhundert in Europa auftauchte, passierte nun sprachlich etwas eher seltenes. Denn das lateinische Wort wurde als brekókkia (βρεκόκκια) ins späte Alt-Griechisch entlehnt. Bei vielen Wörtern ist der Vorgang anders herum passiert. Sie haben einen griechischen Ursprung und kamen von da ins Lateinische und von da in alle anderen europäischen Sprachen. Aber in dem Fall wanderte das Wort erstmal nach Osten.

Und bei der Entlehnung ins Griechische war auch noch nicht Schluss. Im Frühmittelalter bestand zwischen dem byzantinischen Reich, also den griechischsprachigen Nachfolgern der spätantiken oströmischen Kaiser, und dem neu aufgekommenen islamischen Reich mal mehr oder weniger freundlicher Kontakt. So wurde auch die brekókkia als al-barqūq ins Arabische entlehnt. Daher kommt auch das A am Anfang des Wortes. Es ist schlicht der Rest des arabischen Artikels al.

Im muslimisch besetzen Spanien kam das Wort nun wieder in die Nachfolgesprachen des Lateinischen, nämlich ins Spanische und ins Katalanische. Von dort wanderte der Name der schmackhaften Frucht als abricot ins Französische. Und von dort erstmal noch ins Niederländische als abrikoos. Bei uns kam das Wort „Aprikose“ trotz seines lateinischen Ursprungs erst im 17. Jahrhundert an. Die Aprikose gab es natürlich trotzdem die ganze Zeit über schon in Nordeuropa. Sie heiß nur „Marille“ und heißt teilweise noch bis heute so. Zwischen den beiden Früchten gibt es keinen Unterschied.

Die Ableitung des Namens Aprikose von lateinisch apricus „sonnig“ ist übrigens falsch, auch wenn die Früchte sonnengereift sind und mit ihrer gelben Farbe aussehen wie kleine Sonnen. Die Aprikose ist im Wortursprung ein frühreifes Früchtchen. Um den Ursprung heute noch zu erkennen, muss man allerdings etwas genauer hinschauen. Der Weg des Namens aus dem lateinischen Zentrum zunächst nach Osten, dann nach Nordafrika und dann erst durch die Hintertür in die romanischen Sprachen ist in jedem Fall eher ungewöhnlich.

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