Elektronik – Fremdwort der Woche

Elektronik ist aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Unser Alltag würde ohne sie zusammenbrechen. In einigen Fällen ist sie sogar überlebenswichtig. Doch das alles hat seinen Ursprung in einem hübschen kleinen Steinchen. Und einer antiken Version der Fusselrolle. 

Die Geschichte des Begriffs „Elektronik“ ist auf den ersten Blick etwas seltsam. Zunächst einmal bedeutet die Endung -ik ja häufig so etwas wie „die Wissenschaft von XY“ oder „die Kunst des YZ“. Und dieses „XY“ ist in unserem Fall das altgriechische Wort ἤλεκτρον (elektron). Und das bedeutet: Bernstein. Die Elektronik wäre damit als die „Wissenschaft vom Bernstein“. 

Ok, Bernstein ist ein interessantes Material. Er ist schön anzuschauen, man kann tolle Dinge daraus anfertigen und nicht zuletzt kann man in ihm versteinerte Mücken finden, aus denen man Dinosaurier machen kann. Zumindest im Film. 

Aber reicht das aus, um gleich eine ganze „Wissenschaft vom Bernstein“ zu begründen? Nein, natürlich nicht. Und wir wissen ja schließlich auch alle, dass „Elektronik“ nicht „Wissenschaft vom Bernstein“ bedeutet. Wie kommen wir also vom Bernstein zu Kabeln, Schaltkreisen, Ohm und Volt? 

Das hat etwas mit den physikalischen Eigenschaften von Bernstein zu tun. Schon in der Antike war das Phänomen bekannt, dass man Bernstein elektrostatisch aufladen kann. Das ist das, was wir heute mit Luftballons machen, um damit Kinder zu belustigen. Man rubbelt den Luftballon an einem Wollpulli und kann anschließen die eigene Frisur damit in Unordnung bringen. Ein Riesenspaß für Groß und Klein. 

In der Antike allerdings nutzte man das Phänomen für sinnvolle Zwecke. Bernsteinstücke wurden elektrostatisch aufgeladen und anschließend dafür genutzt, Flusen, Fussel und Staub von der Kleidung zu entfernen. Er wurde also wie eine Kleiderbürste oder Fusselroller verwendet. Im Grunde handelt es sich dabei um die älteste bekannte praktische Nutzung von Elektrizität. 

Der britische Forscher William Gilbert war es schließlich, der im 17. Jahrhundert die lateinisch-griechische Wortneuschöpfung electrica verwendete, um damit Stoffe zusammenzufassen, die ähnliche Eigenschaften hatten wie Bernstein: dass sie nämlich elektrostatisch aufgeladen werden konnten und dann andere Objekte oder Stoffe anzogen. Und damit war die Sache einmal in der Welt. 

Auf das Wortbildungselement „electr(o)-“ wurde ab da immer wieder zurückgegriffen, um Objekte, Phänomene, Erkenntnisse, Konzepte usw. zu beschreiben, die etwas mit der neu entdeckten physikalischen Kategorie zu tun hatten: Elektron, Elektrik, Elektronik, Elektrizität, elektrisch… Die Reihe könnte man lange fortsetzen. 

Was eine Person aus der Antike wohl dazu sagen würde, wenn man ihr erzählen würde, dass ihre Fusselbürste den Grundstein für einen ganzen Forschungsbereich gelegt hat, der unser Leben heute nachhaltig prägt? 

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